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Engländer erwarten den Einsturz des Calanda bei Felsberg.



Lady.       Seit wir hier u – arten sind fünf Monat schon verronnen.
Der U – inter hat seitdem, – das Schauspiel nicht begonnen.
Lord. Nichts geht hier, wie bei uns, Milady, wie bekannt,
Nach Ordnung und nach Recht in diesem Schweizerland.
Lady. Sie u – erden bald an mir nur eine Leiche haben!
Lord. Ich laß’ Sie Angesichts des Schauspiels hier begraben.
Was sagen Sie Marquis?
Marquis. Yes Yes, ich hab’ die Ehr’, zu trinken ein Tass’ Thee mit Ihnen.
Lord. Das freut mich sehr.



Gedanken eines alternden Ueberschuhes
bei Betrachtung von Nr. 10. der fliegenden Blätter.



Rühmt euch nur eurer Dienste und Privilegien, ihr übermüthigen Schuhe und Stiefel und du Alleinherrscher Pantoffel! Auch wir armen geknechteten Ueberschuhe haben Bewußtsein, auch wir erkennen unsern Werth und den Dienst euch Stolze zu schützen und zu erhalten. Von gleichem, ja oft von weit besserem Stoffe wie ihr, ist unser Leben dennoch eine Kette mühevoller Arbeit und harter Gefangenschaft ohne Dank und Lohn. Kein freundlicher Blick trifft uns, denn leider ward uns nicht die große Kunst die Füße zu verkleinern. Mißmuthig sucht man uns hervor zum harten Dienste im Herbst, den Weichling Schuh und Stiefel zu umschließen, im Winter wärmt uns selten nur ein heimlich Ofenplätzchen, und fröstelnd naß noch in den Sohlen, stehn wir auf rußigem Herd zu neuer Frohne bereit, während sie, die Trocknen, Zarten, Warmen, behaglich unterm Ofen lungern oder vornehm knarrend über Teppich und Parquette schleichen. Der Winter geht zu Ende, der Schnee verschmilzt, wir sind stets unermüdet; durch manch Wasser und Morast geht unser Weg und dennoch halten wir fest an Schuh und Stiefel. Aber kein Erbarmen; kaum wehen die linden Frühlingslüfte über Berg und Thal und trocknen Weg und Auen, so stößt man uns verachtungsvoll in unsere Sommerhöhlen, in Schränke, dunkle Kleiderkammern, alte Koffer und läßt uns hier verkümmern. Die Hoffnung nur, gleich Pfeffels Hundeinsel, ein Jenseits zu erringen für treue Ueberschuhe ist Trost und Stütze durch dieß Jammerthal, im Geiste schon seh’ ich dies Land der Braven und ihrer Schaaren fröhliches Gewimmel! –


Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/107&oldid=- (Version vom 29.1.2017)