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der ganzen Provinz zusammen. 344 Am zweiten Tage begab sich Agrippa schon frühmorgens in einem Gewande, das mit wunderbarer Kunstfertigkeit ganz aus Silber gewirkt war, zum Theater. Hier nun leuchtete das Silber, das von den ersten Strahlen der Sonne getroffen wurde, in schimmerndem Glanze auf und blendete das Auge derart, dass man erschauernd sich abwenden musste. 345 Alsbald riefen seine Schmeichler ihm von allen Seiten zu, nannten ihn Gott und sprachen: „Sei uns gnädig! Haben wir dich bisher nur als Mensch geachtet, so wollen wir in Zukunft ein überirdisches Wesen in dir verehren.“ 346 Der König machte ihnen daraus keinen Vorwurf und wies ihre gotteslästerischen Schmeicheleien nicht zurück. Als er aber gleich darauf den Blick nach oben wandte, sah er über seinem Haupte auf einem Strick einen Uhu sitzen und erkannte darin sogleich den Unglücksboten, der ihm, wie früher sein Glück, so jetzt seinen nahen Tod anzeigte,[1] weshalb er bitteren Gram empfand. Bald stellten sich auch heftige Schmerzen in seinem Leibe ein, die ihn gleich vom Beginn der Krankheit an in unerhörter Weise folterten. 347 Da richtete er den Blick auf seine Freunde und sprach zu ihnen: „Seht, euer Gott muss jetzt das Leben lassen, und das Schicksal macht eure gleissnerischen Worte zu schanden. Unsterblich nanntet ihr mich, und doch streckt der Tod schon seine Arme nach mir aus. Aber ich muss mein Geschick tragen, wie Gott es will. Habe ich doch nicht in kümmerlichen Verhältnissen, sondern im höchsten Glanze gelebt.“ 348 Noch währender diese Worte sprach, mehrten sich seine Qualen in hohem Grade. Er wurde daher schnell in seinen Palast gebracht, und bald verbreitete sich allenthalben das Gerücht, der König liege im Sterben. 349 Sogleich warf sich das gesamte Volk mit Weibern und Kindern nach väterlicher Sitte auf Teppiche nieder, um für die Genesung des Königs zu Gott zu flehen, und überall erhob sich Jammer und Wehklage. Der König, der sich in

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 629. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/629&oldid=- (Version vom 13.12.2020)
  1. Vergl. XVIII, 6, 7.