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erschöpft und bedürfe dringend ärztlicher Behandlung. 238 Als er nun hörte, Claudius sei von den Soldaten entführt worden, eilte er sogleich zu ihm und langte in dem Augenblick bei ihm an, als er in seiner Verwirrung schon geneigt war, dem Senat nachzugeben. 239 Er sprach ihm sodann Mut ein, forderte ihn auf, die Herrschaft fest zu behaupten, und begab sich hierauf wieder zurück. Als er nun in den Senat beschieden wurde, erschien er dort mit gesalbtem Haar, als käme er von einem Trinkgelage, und fragte die Senatoren, was Claudius mache. 240 Diese sagten ihm, wie die Sachen ständen, und befragten ihn alsdann um seine Ansicht über die zweckmässigste Regierungsform. Agrippa entgegnete, was ihn betreffe, so sei er bereit, für das Ansehen des Senates sein Leben zu opfern. Doch rate er, einzig das Nützliche zu erwägen und von vorgefassten Meinungen abzusehen. 241 Wenn sie die Macht behaupten wollten, so bedürften sie Waffen und Soldaten, um allen Möglichkeiten die Spitze bieten zu können. 242 Als ihm nun erwidert wurde, der Senat besitze Waffen in Menge und Geld sei leicht zu beschaffen, ausserdem aber habe man nicht nur bereits eine beträchtliche Streitmacht, sondern könne dieselbe auch leicht durch Freilassung der Sklaven vermehren, wandte Agrippa folgendes ein: „Ich will euch zwar den besten Erfolg wünschen, doch kann ich euch, da es sich um euer eigenes Wohlergehen handelt, meine Meinung nicht vorenthalten. 243 Bedenkt wohl, dass sich auf Claudius’ Seite die altgedienten Soldaten befinden, die in der Führung der Waffen höchst erfahren sind, dass dagegen mit unserer Macht, die aus hergelaufenen Fremdlingen und unerwartet freigelassenen Sklaven besteht, nicht viel zu erreichen sein wird. Gegen kriegserfahrene und abgehärtete Soldaten können wir doch keine Rekruten ins Treffen führen, die kaum das Schwert zu ziehen verstehen! 244 Es scheint mir daher am geratensten, bei Claudius durch gütliche Überredung dahin zu wirken, dass er auf den Thron verzichte, und ich selbst erkläre mich bereit, die Botschaft zu übernehmen.“

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 612. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/612&oldid=- (Version vom 13.12.2020)