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und alle wahrhaft hervorragenden Männer nicht bloss unterdrückten, sondern auch ins Verderben stürzten. 175 So viele nun ihrer auch waren und so unerträgliche Grausamkeiten sie auch verübten, so hat doch der heute ermordete Gajus mehr Schandthaten auf dem Gewissen als alle die anderen, und zwar hat er dieselben nicht nur gegen seine Mitbürger, sondern auch gegen seine Verwandten und Freunde in zügelloser Wut verbrochen. Stieg doch seine Bosheit in der Verhängung ungerechter Strafen und seine Ruchlosigkeit gegen Götter wie Menschen von Tag zu Tag! 176 Einem Tyrannen genügt es ja nicht, seine Leidenschaft in ungerechtem Wüten zu befriedigen und anderen Gut und Ehre zu rauben, sondern seine höchste Lust ist es, das ganze Geschlecht seiner Feinde vom Erdboden zu vertilgen. 177 Jeder Freie aber ist des Tyrannen Feind, und nicht einmal diejenigen vermögen sich sein Wohlwollen zu sichern, die seinen Übermut geduldig ertragen. Denn da der Tyrann sich des Unrechts bewusst ist, das er so vielen Menschen zugefügt hat, und diese seine Opfer mit Ergebung und Selbstverleugnung ihr Unglück tragen, so glaubt er erst dann ganz sicher zu sein, wenn er jene Unglücklichen vollständig aus dem Wege räumt. 178 Von solchem Übel seid ihr jetzt frei, und keine Gewalt braucht ihr mehr anzuerkennen, als euren eigenen Willen. Und da eine solche Verfassung nicht bloss zum augenblicklichen Frieden, sondern auch zur dauernden Sicherheit des Staates das meiste beiträgt, so muss jeder von euch für das allgemeine Wohl eintreten oder, falls ihm das bisher Geschehene und Beschlossene nicht gefällt, 179 seine Meinung äussern, und zwar ohne alle Scheu, weil es jetzt keinen Herrscher mehr giebt, der ungestraft die Bürgerschaft beleidigen und diejenigen, welche frei von der Leber weg reden, willkürlich hinrichten lassen könnte. 180 Gewiss hat jüngst der Tyrannei nichts grösseren Vorschub geleistet als die Feigheit derer, die gegen den Willen des Machthabers auch nicht den leisesten Widerspruch zu erheben wagten. 181 Eingelullt in süsse Ruhe und an ein sklavisches

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 601. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/601&oldid=- (Version vom 13.12.2020)