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Es sei nicht denkbar, dass ein Privatmann so viele und so wohlgestaltete Söhne erziehen könne, da Königen kaum ein solches Glück zu teil werde. 99 So sprach er aber nur, um etwas Sicheres über seinen Vater zu erfahren, wie es ihm gehe und was er erlebt habe, seit er (Joseph) von ihm weggegangen war; auch hätte er gern gehört, wie es mit Benjamin stehe, denn er fürchtete, sie hätten auch diesen Bruder, ebenso wie ihn selbst, aus dem Wege geräumt.

(3.) 100 Die Brüder wurden hierdurch beunruhigt und erschreckt, denn sie sahen sich von grosser Gefahr bedroht und dachten nicht im geringsten an ihren Bruder. Sowie sie sich aber etwas gefasst hatten, ergriff Rubel als der älteste das Wort 101 und entgegnete also: „Wir sind weder hierher gekommen, um jemand unrecht zu thun, noch um dem Könige Schaden zuzufügen, sondern nur um Hilfe für unser eigenes Leid zu erlangen, und wir hoffen bei eurer Menschenfreundlichkeit Zuflucht zu finden in der Not, die über unser Vaterland hereingebrochen ist. Denn wir haben vernommen, dass ihr nicht bloss euren eigenen Leuten, sondern auch Auswärtigen Getreide verkauft, und dass ihr allen helfen wollt, die der Hilfe bedürfen. 102 Dass wir aber Brüder sind und Blutsverwandte, geht schon daraus hervor, dass wir an Gestalt einander in hohem Grade ähnlich sind. Unser Vater ist Jakob, ein Hebräer, dem wir zu zwölf Söhnen von vier Frauen geboren wurden. So lange wir nun alle noch am Leben waren, waren wir glücklich; 103 seitdem aber unser Bruder Joseph umgekommen ist, hat sich unsere Lage mehr und mehr verschlimmert. Denn der Vater trauert beständig um ihn und auch wir beklagen das Unglück seines Todes und das Leid des alten Vaters gar sehr. 104 Und nun kommen wir hierher, um Lebensmittel zu kaufen, und haben unseren jüngsten Bruder Benjamin zur Pflege des Vaters und zur Verwaltung des Hauswesens daheim gelassen. Um die Wahrheit unserer Worte zu erproben, kannst du Boten in unsere Heimat schicken und dich erkundigen lassen.“

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/89&oldid=- (Version vom 4.8.2020)