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scharfem Verstande begabt waren. 8 Zudem trug der Himmel selbst so grosse Sorge um sein Wohlergehen, dass sogar aus Widerwärtigkeiten ihm reiches Glück erblühte. Auch war es ihm und seinen Söhnen beschieden, unseren Vorfahren den Weg zum Auszuge aus Aegypten zu bahnen, und zwar aus folgender Veranlassung. 9 Jakob liebte den Joseph, den ihm die Rachel, geboren, sowohl seiner körperlichen Schönheit, als auch seiner geistigen Fähigkeiten wegen (er war allen seinen Brüdern an Klugheit überlegen) mehr als die anderen Kinder. 10 Diese Zuneigung seines Vaters aber häufte auf Joseph den Hass und Neid seiner Brüder, und es wuchs derselbe noch mehr durch seine glückverheissenden Träume, die er dem Vater und den Brüdern mitteilte. Es liegt ja in der menschlichen Natur, auf das Glück selbst der nächsten Verwandten eifersüchtig zu sein. Die Erscheinungen aber, die Joseph im Schlafe hatte, waren folgende.

(2.) 11 Als er einmal mit seinen Brüdern vom Vater zur Erntezeit zum Einsammeln von Getreide hinausgeschickt worden war, sah er eine Erscheinung, die weit abwich von dem, was man gewöhnlich zu träumen pflegt. Beim Erwachen nun erzählte er den Traum seinen Brüdern, damit sie ihn erklären möchten. Es habe ihm in der vergangenen Nacht geschienen, als ob seine eigene Weizengarbe an dem Ort, wohin er sie gestellt, unbeweglich feststehe, ihre Garben aber zu der seinigen hinkämen und dieselbe verehrten, wie Diener ihren Herrn zu verehren pflegten. 12 Jene aber erkannten, dass der Traum ihm Glück und Macht verkünde, und dass sie ihm unterthan sein würden. Doch sagten sie es dem Joseph nicht und thaten, als wenn ihnen die Auslegung des Traumes unbekannt sei. Im stillen aber hofften sie, dass ihre Befürchtung sich nicht erfüllen möchte, während ihr Hass nur noch um so grösser und nachhaltiger wurde.

(3.) 13 Darauf sandte Gott, dem ihr Neid zuwider war, dem Joseph einen anderen, noch wunderbareren Traum.

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/73&oldid=- (Version vom 4.8.2020)