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denn alles gedieh ihm, wie einem der grössten Propheten, zu unerhofftem Glücke, und er genoss nicht nur während seines Lebens die höchste Ehre und Auszeichnung beim Könige wie beim Volke, sondern hinterliess auch nach seinem Tode ein unsterbliches Andenken. 267 Die von ihm verfassten Schriften werden noch heute bei uns gelesen und beweisen, dass Daniel im Verkehr mit Gott gestanden hat. Denn er sagt nicht bloss, wie andere Seher, die zukünftigen Ereignisse voraus, sondern bestimmt auch die Zeit, wann sie eintreffen werden. 268 Und während die anderen Seher Unglückspropheten und deshalb bei König und Volk verhasst waren, war Daniel ein Verkündiger des Glückes, sodass er durch die glänzenden Bilder, die er von der Zukunft entwarf, allgemeine Beliebtheit erlangte. Weil aber seine Weissagungen sich so bestimmt erfüllten, wurde er vom Volke nicht nur zu den Wahrsagern, sondern auch zu den Gottgesandten gerechnet. 269 Aus seinen Schriften kann man seine Weissagungen in unveränderter und glaubhafter Gestalt entnehmen. Er sagt nämlich, er habe sich einst zufällig in Susa, der Hauptstadt Persiens, befunden und sich mit seinen Freunden in die Ebene begeben, als plötzlich die Erde geschwankt habe und gewaltig erschüttert worden sei, sodass seine Freunde geflohen seien und ihn im Stiche gelassen hätten. Er sei dann auf sein Angesicht zu Boden gefallen und habe die Hände ausgebreitet; da habe ihn jemand berührt und ihm befohlen, aufzustehen und zu sehen, was dem Volke in Zukunft bevorstehe. 270 Als er sich darauf erhoben habe, sei ihm ein Widder von bedeutender Grösse erschienen, aus dessen Kopf eine grosse Anzahl Hörner hervorsprossten, und zuletzt ein besonders grosses. Darauf habe er seine Augen gegen Sonnenuntergang gerichtet und einen Bock durch die Luft schweben sehen, der sich auf den Widder gestürzt, ihn zweimal mit seinen Hörnern durchbohrt, dann zu Boden geworfen und zertreten habe. 271 Bald habe er auch gesehen, dass aus der Stirn des Bockes ein gewaltiges Horn hervorgewachsen sei, das sich in vier nach den

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 644. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/643&oldid=- (Version vom 12.12.2020)