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Leichtfertigkeit der Lebensweise entstand eine schwere Zerrüttung, und es kam endlich sogar zum Bürgerkriege aus folgender näheren Veranlassung.

(8.) 136 Ein Mann aus dem Stande der Leviten, der im Stamme Ephraïm wohnte, hatte ein Weib aus Bethleëm, das zum Stamme Judas gehörte, geheiratet. Da dieser seine Gattin um ihrer Schönheit willen heftig liebte, sie ihm aber nicht die gleiche Zuneigung entgegenbrachte, 137 vielmehr sich ihm von Tag zu Tag desto mehr entfremdete, je grösser seine Liebe zu ihr wurde, kam es schliesslich zu täglichen Streitigkeiten zwischen ihnen, infolge deren das Weib im vierten Monat von ihrem Manne sich trennte und zu ihren Eltern zurückkehrte. Das ertrug der Mann in seiner grossen Liebe nicht und folgte ihr zu seinen Schwiegereltern nach, die die Streitigkeiten schlichteten und eine Versöhnung zwischen den Ehegatten zustande brachten. 138 Vier Tage hatte der Mann sich dort aufgehalten und freundlichste Aufnahme bei seinen Schwiegereltern gefunden. Am fünften Tage aber wollte er nach Hause zurückkehren und begab sich gegen Mittag weg; die Eltern jedoch liessen die Tochter ungern ziehen und hielten sie daher bis gegen Abend hin. Auf der Reise begleitete sie ein einziger Diener, und das Weib ritt auf einem Esel. 139 Als sie nun dreissig Stadien zurückgelegt hatten und in die Nähe Jerusalems gekommen waren, riet der Diener zur Einkehr, damit sie nicht in der Nacht gefahrvollen Zufällen ausgesetzt seien, zumal da sich Feinde in der Nähe aufhielten, und die Nacht selbst eine friedliche Gegend unsicher und verdächtig mache. 140 Dem Levit aber missfiel dieser Vorschlag, weil er in fremdem Lande nicht gern einkehrte (in Jerusalem wohnten Chananäer). Er hielt es vielmehr für besser, noch zwanzig Stadien weiter zu reisen, da sie dann zu einer israëlitischen Stadt kommen würden. Und da diese Meinung Beifall fand, zogen sie weiter und gelangten nach Gaba im Stamme Benjamin, als die Sonne bereits untergegangen war. 141 Zu dieser späten Stunde befand sich aber niemand mehr auf dem Markte, der

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/274&oldid=- (Version vom 23.9.2020)