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Kellnerin ein Verhältniss angefangen. Der College lachte, und da kein Wort davon wahr gewesen, so hielt er dies für einen Witz, den er bald vergass, weil auch keiner weiter darüber sprach. Nach 2½ Jahren wurde ihm diese Geschichte mitgetheilt als eine solche, die ihm besonders gesellschaftlich grossen Schaden gethan habe. Jetzt wurde auch wieder derselbe Wirth genannt, und als die Sache sofort untersucht wurde, stellte sich heraus, dass auch kein Sterbenswörtchen davon wahr gewesen war, wie auch der College nie mit dem Wirth Differenzen gehabt und nie den Besuch seines Lokals unterbrochen hatte. Vermuthlich hatte ein neidischer Schurke unter den Professoren die ganze Geschichte erfunden.

Eigenthümlich ist nun, dass dieselben Professoren, die einem Starrkrampf zu erliegen scheinen, wenn sie von irgend einer unbedeutenden und harmlosen Poussade eines jüngeren Docenten hören, den intimsten Umgang pflegen mit Leuten, die in steter Moralverletzung leben. Aber da ist ein gewaltiger Unterschied! Diese sind ebenso reich, machen dieselbe Geselligkeit durch – und Geld und Gesellschaft helfen über so kleine Vorurtheile hinwegsehen.

In kleinen Ländern giebt es aber noch einen Klatsch ganz anderer Art. Da hat der Minister oder der Ministerialdirector einen guten Freund unter den Professoren oder Universitätsbeamten, der ab und zu nach der Hauptstadt kommt, um den gelangweilten,

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Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/230&oldid=- (Version vom 18.8.2016)