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müssen, in Folge dessen die besseren Elemente, deren Streben nicht berücksichtigt wird, allmählich abfallen, des ganzen Seminars überdrüssig werden und jede Lust zum Arbeiten verlieren. Der Staat gewinnt also keine Lehrer, welche sich über das Niveau der Mehrzahl erheben und in der Wissenschaft etwas Selbständiges zu leisten vermögen. Damit hört aber auch bei dem Einzelnen jede Begeisterung für sein Fach auf, die im Unterricht, um eine gute Wirkung zu erzielen, durchaus nothwendig ist, und der ganze Gegenstand wird in der Schule, wie in der wissenschaftlichen Fortpflanzung einem langsamen Verfall entgegengehen.

Noch fühlbarer vielleicht werden die Wirkungen bei den Juristen sein. Man wird vermuthlich, wenn alle Studenten an den Seminaren Theil nehmen, einen grösseren, allgemeinen Fleiss erzielen können, gewiss auch im allgemeinen bessere Examensnummern herausschlagen, aber ob man kritische Köpfe und selbständige Denker auf diese Weise schult, das dürfte im hohen Grade zweifelhaft sein. In jedem Fall ist es sehr auffallend, dass z. B. die vorzüglichen juristischen Examina, welche in Württemberg gemacht werden, und der weit grössere Fleiss der Mehrheit von den juristischen Studenten, der von allen einstimmig anerkannt wird, doch keine besondere Findigkeit in dem Entdecken eines Verbrechers oder Verbrechens hervorzubringen scheinen, ebenso wenig aber auch einzelne Urtheile unmöglich machen

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Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/210&oldid=- (Version vom 18.8.2016)