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z. B. in Württemberg noch die demokratische Grundlage des Landes, gemäss welcher kein Eingeborener einsieht, dass durch eine Staatseinrichtung nur für einige wenige ein Privilegium geschaffen werden sollte, während das Gros der Studenten keinen Antheil daran nehmen durfte. Auch etwas derartiges leuchtet einem richtigen Süddeutschen schwerlich ein. Zunächst waren es also die philologischen Seminare von Heidelberg und Tübingen, die in einem ganz abweichenden Geist eingerichtet wurden. In Heidelberg war es, wie wir aus der trefflichen Darstellung des Professor Usener ersehen, die philologische Dürftigkeit des Geh. Hofrath Bähr, welche jenes philologische Seminar erschreckend tief heruntergedrückt hat, neben welchem die „fromme Thätigkeit Zells“ nicht viel verbessern konnte und wollte. Bähr liess einen Schriftsteller lesen, und ausserdem griechische Exercitien anfertigen (z. B. aus Lukian), wobei Accentregeln geübt wurden (wie im Gymnasium), während daneben auch Uebungen im „Lateinstottern“ über kindische, an Mädchenpensionate erinnernde Themata vorgenommen wurden. Der einzige wissenschaftliche Mann war dort der ausserordentliche Professor Kayser, der aber von den „beati possidentes“ naturgemäss ausgeschlossen[1] war und sein wissenschaftliches Dulderleben neben jenen unbrauchbaren Glücklichen weiter führen musste. Noch später machte Köchly aus diesem Seminar eine rhetorisch-pädagogische Vorschule

  1. WS korrigiert: ausgegeschlossen
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Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/204&oldid=- (Version vom 17.8.2016)