dort herrschenden Conservativismus sehr schwer eine Aenderung oder Besserung erfolgen, besonders nicht, da jener Studienzwang für einzelne Professoren lucrativ ist.
Indem wir jetzt beide Institute einem Vergleich unterziehen wollen, fällt derselbe sehr zu Ungunsten der württembergischen Einrichtung aus. In Preussen geht man nur davon aus, vorzügliche Militärärzte zu bilden, indem man alles heranzieht, was der Fortschritt der medicinischen Wissenschaft nöthig und nützlich macht, wobei die ganze Direction von hervorragenden Fachmännern ausgeübt wird. In Württemberg hinkt man gegenwärtig vermöge eines ganz veralteten Lehrplanes bedeutend hinter den Wissenschaften her, sowohl hinter der Theologie als auch besonders hinter der Philologie, indem die Direction von einer Behörde ausgeht, die Theologie studirt hat, aber weder in der Theologie noch gar in der Philologie irgend ein competentes Urtheil hat und mit den Aufgaben und Anforderungen der Zeit mitzugehen gesonnen ist. In Preussen gehören die Militärärzte zu den liebenswürdigsten, persönlich und gesellschaftlich angesehensten Männern des Staates, während in Württemberg durch die Zuchtwahl und das gesteigerte Concurriren bei den Stiftlern zunächst ein ungeheurer Hochmuth und eine bemerkenswerthe Selbstüberschätzung erzeugt werden, die um so lächerlicher wirken, je kleiner die Verhältnisse des Landes sind und je geringer die Zahl der als Vergleichungsobject
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/193&oldid=- (Version vom 18.8.2016)