lassen will. Dann erhält jene Classe mehr Einladungen zu den Braten der Parteiführer, diese wird zurückgesetzt. Jene findet in den Fakultäten immer warme Fürsprecher, diese theilweise heftige Gegner.
Der zweite Act in dem Prozess der Verseuchung betrifft die Studenten. Auch hier fangen frühzeitig die Streber an, sich zu rühren. Diejenigen, welche vor einem Examen stehen, nähern sich jenen einflussreichen und agitatorischen Professoren, machen sich beliebt, renommiren mit ihrer Gesinnungstüchtigkeit, verrichten sogar kleine politische Dienstverrichtungen (Herumtragen von Wahlzetteln u. s. w.), verlocken ihre Kameraden zu ähnlichem Treiben, laden die Cliquenführer auf ihre Kneipe ein, lassen sich anreden und reden selbst an, betrinken sich aus Patriotismus und saugen von dem schäumenden Getränk des Streberthums, das ihnen bald zu Kopf steigt, aber sie glücklich macht in dem Bewusstsein eines guten Werkes und in der Hoffnung auf eine goldene Zukunft.
Allmählich, wenn wirklich politische Gegensätze an der Hochschule vorhanden sind, ist alles in zwei Lager gespalten, die sich befehden, hassen, beschimpfen, misshandeln. Willkühr, Ungerechtigkeit, Terrorismus fangen an, dort herrschend zu werden, wo der Friede und die Wissenschaft gedeihen sollten, und selbst bessere Charakter werden in den Strudel mit hineingezogen, um, mit Schlamm bedeckt, daraus emporzutauchen.
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/161&oldid=- (Version vom 17.8.2016)