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zu lesen, unter denen die Ordinarien zu lesen pflegen, indem man ihm eine grosse und obligatorische Vorlesung versuchsweise überlässt. Gewöhnlich wird das Urtheil nach einem Semester nicht schwankend sein. Will man aber ganz vorsichtig zu Werke gehen, so darf ja vielleicht einer der Ordinarien, die zum Referenten über die Besetzungsfrage gemacht werden, einmal in die Vorlesung hineingehen, um sich zu überzeugen, in welcher Weise der Docent seiner Aufgabe gerecht werde. Selbst dies Moment, wenn es dazu verhilft, die Wahrheit zu ermitteln und Gerechtigkeit auszuüben, wird leichter ertragen werden können, als die vollständige Uebergehung des Docenten in einer Vorschlagsliste, die durch nichts gerechtfertigt werden kann.

Uebrigens kann es für die Genesis dieses stellenweise bis aufs äusserste getriebenen Verfahrens kaum zweifelhaft sein, dass schwerlich rein objective Gründe bei der Entstehung mitgewirkt haben, sondern rein subjective, indem einflussreiche Männer dadurch Gelegenheit erhielten, ihre guten Freunde zu berufen. Denn unmöglich können die Fakultäten in den meisten Fällen die innere Ueberzeugung gehabt haben, dass sie die für die vorhandenen Verhältnisse einzig brauchbare und beste Kraft berufen haben, da in so vielen Fällen notorisch eine allgemeine Enttäuschung gleich darauf eingetreten ist. Ebensowenig aber konnte in anderen Fällen nach ihrer inneren Ueberzeugung die schon vorhandene Kraft

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Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/103&oldid=- (Version vom 18.8.2016)