erst nach einer weit strengeren Prüfung aller Verhältnisse eintreten lassen. Dies gilt am meisten von einzelnen norddeutschen Universitäten, deren einige, wie die Sage geht, dem anziehenden Studenten die Stipendien bereits beim Betreten des Stadtthors anzubieten pflegen. Es wäre an der Zeit, die Masse dieser Stipendien zu verringern und dafür Docentenstipendien zu gründen. Aber freilich so lange noch an einzelnen Universitäten, besonders süddeutschen, eine kleinliche Concurrenz herrscht in Betreff der Frequenz in jedem Semester, wobei um dies oder jenes Hundert noch herauszubekommen, Studenten, die schon ihr Examen gemacht haben, mitgezählt werden, ebenso blosse Hospitanten zu Studierenden umgewandelt werden, so lange in kleinen Universitätsstädten Studenten die „Herren“ sind, vor denen alles andere zurücktritt, und so lange die akademischen Behörden fast jeden Studentenunfug mit der grössten Sanftmuth und Toleranz behandeln, um ja keine Verstimmung zu erzeugen, oder für das nächste Semester dadurch den Verlust einer Verbindung oder einiger Studenten herbeizuführen, so lange wird kaum Aussicht sein, dass von der akademischen Seite selbst Massregeln ergriffen werden, welche der Ueberfüllung zu steuern geeignet sein.
Wir hören schon die beiden Einwände, welche jetzt gegen diese ganze Darstellung erhoben werden. Einmal entspricht es durchaus nicht der Liberalität unserer Gesetzgebung und unserer Verfassung, dass
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/068&oldid=- (Version vom 18.8.2016)