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müsse, darüber herrscht in der ganzen Familie nicht der mindeste Zweifel. Die eine Mutter träumt schon ihren Sohn im schwarzen Priesterrock, die andere sieht ihn mit dem Cereviskäppchen in den Ferien zurückkehren und den Nachbarstöchtern die Köpfe verdrehen, sie ist entzückt, den Nachbarn X., dessen Sohn Schmid geworden ist, vor Neid bersten zu sehen, eine dritte glaubt, dass der Sohn als Lehrer wiedervergelten könne, was die Lehrer seiner Zeit an ihm verübt haben u. s. w. Kurz, die Eltern bestimmen den Sohn zum Studium. Mühsam vielleicht macht er das Gymnasium durch mit Gewährung von Freischule und Freibüchern, mühsam kommt er auf die Hochschule, und es gelingt ihm durch zahlreiche Besuche, Kratzfüsse, Bitten, Demüthigungen aller Art alles zu erreichen, was er will, bis die Stunde des Examens herannaht und endlich das längst erwartete Ziel der Eltern erreicht ist.

Wir können nämlich die Ueberzeugung nicht unterdrücken, dass diese Art keine würdige Vorbereitung zur Beamtencarriere bildet, und dass, wenn erst die Majorität aller Beamten aus so auferzogenen Männern bestehen wird, der ganze Beamtenstand erheblich verlieren muss. Wer von der Wiege an von seinen Eltern zum billigsten Studium bestimmt wird, kann nicht mit freiwilliger Liebe diesem Studium anhängen und wird daher von Anfang an nur das Examen und damit das sichere Brot im Auge haben. Er wird also ebenso ein mittelmässiger Student sein,

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Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/065&oldid=- (Version vom 18.8.2016)