Seite:Flach Der deutsche Professor.djvu/064

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Charakterfestigkeit, die bei einer grossen Anzahl dieser Studenten wahrgenommen wird. Die Söhne der höheren Beamten, der vermögenden Kaufmannswelt, der reichen Grundbesitzer, der höheren Offiziere wachsen meistens frei und selbständig auf und erhalten dadurch eine völlige Freiheit ihrer politischen und religiösen Ansichten. Es ist daher thatsächlich gar keine besondere Seltenheit, dass der konservative Beamte einen ganz liberalen Sohn hat, dass der ganz orthodoxe Vater bei seinem Sohn religiöse Aufgeklärtheit antrifft, dass ebenso der höhere Offizier einen Sohn hat, der schon frühzeitig Abneigung gegen den Offizierstand und Lust zum Künstler oder Schriftsteller bekommt. Beispiele sind allen gegenwärtig. Nur die Freiheit der Denkungsweise, die der gebildete Vater gestattet und pflegt, die Freiheit der Bewegung, in welche nicht eingegriffen wird, die pecuniäre Unabhängigkeit, die mehr oder minder in jenen Ständen zu herrschen pflegt, ermöglichen eine derartige selbständige Entwickelung.

Ganz anders ist das bei kleineren Leuten. Wir nehmen beispielsweise Volksschullehrer, Küster, Landjäger, subalterne Beamte, welche in den letzten Jahren nach statistischen Ausweisen keinen geringen Prozentsatz für das Studium geliefert haben. Dort ist der Knabe kaum geboren, so erwägen Mutter und Vater, welches Studium für den Knaben das geeignetste, d. h. das billigste und am schnellsten zum Ziel führende sein werde: denn dass er studiren

Empfohlene Zitierweise:
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/064&oldid=- (Version vom 17.8.2016)