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und Semgallen verleiht: Adicimus insuper ex gratia nostra, quod idem magister et successores sui iurisdictionem et potestatem illam habeant et exerceant in terris suis, quam aliquis princeps imperii melius habere dinoscitur in terra, quam habet[1] – so sollte sich vermuthen lassen, dass er von da ab den Reichsfürsten zugezählt worden sei, wie man auch diese Worte wohl als Erhebung in den Fürstenstand aufgefasst hat. Dass das aber im dreizehnten Jahrhunderte noch nicht der Fall war, lässt sich wohl mit Bestimmtheit aus der Stellung als Zeuge folgern. Wenn diese eine sehr schwankende war, so dürfen wir daraus schliessen, dass sein Rang andern Reichsständen gegenüber nicht feststand; jedenfalls aber ist seine Stellung mit dem Range eines Reichsfürsten, zumal eines geistlichen, unvereinbar. Finden wir ihn mehrfach unmittelbar hinter den Bischöfen vor den weltlichen Fürsten[2], so findet das seine Erklärung, wenn überhaupt nur sein geistlicher Charakter berücksichtigt wurde; gewichtiger wären einige Fälle, in welchen er auch Fürstäbten vorsteht.[3] Ungleich häufiger aber erscheint er allen weltlichen Fürsten nachgestellt[4]; wird dadurch eine Gleichstellung auch nur mit weltlichen Fürsten sehr unwahrscheinlich, da es doch kaum Zufall sein dürfte, dass er immer am Ende derselben steht, so dürfte beweisend sein, dass er dann und wann sogar Magnaten nachgestellt wird[5]; in einen solchen Falle, in Kaiserurkunde von 1230, heisst es: B. dux Karinthie princeps, R. dux Spoleti, H. magister domus S. M. Theutonicorum, C. burgravius de Nuyrinberc u.s.w.[6], wo das Rangverhältniss sich sowohl aus dem Vorstehen eines Magnaten, des Herzogs von Spoleto, als aus der ausschliesslichen Bezeichnung des Herzogs von Kärnthen als Fürsten mit grosser Bestimmtheit ergeben dürfte; letzteres wiederholt sich in Urkunde von 1237, wo nur der Bischof von Worms in ähnlicher Weise als Fürst hervorgehoben wird.[7]

Die ersten Kennzeichen des Fürstenstandes finde ich beim Hochmeister Luther von Braunschweig-Lüneburg, 1331 bis 1335, welcher mehrfach illustris princeps genannt wird[8]; es liegt aber wohl um so näher, das auf seine fürstliche Abkunft, als auf seine Stellung als Hochmeister zu beziehen, da in letzterm Falle das Prädikat venerabilis näher gelegen haben dürfte, und seine Nachfolger sehr gewöhnlich nur als honorabiles, religiosi, reverendi viri bezeichnet werden.[9] In einer Urkunde Herzog Georgs von Russland von 1334, in welcher er selbst als dominus Luderus illustris princeps de Brunswick magister generalis Prussie bezeichnet wird, ist allerdings auch schon von seinen Vorgängern als excellentissimis principibus olim Prussie generalibus magistris die Rede.[10] Für die Stellung im Reiche werden solche

  1. Hennes 20. 122.
  2. Reg. Fr. n. 581. 677. 804. 837.
  3. Reg. Fr. n. 802. 816.
  4. Reg. Fr. n. 794. 799. 840. 846. 870. 877. Henr. r. 129. 1275: Lünig 13, 858.
  5. Reg. Fr. n. 568. 582. 806. Henr. r. 60.
  6. Huillard 3, 223.
  7. Vgl. § 200 n. 6.
  8. Voigt 2, 185. 189. 191 u.s.w.
  9. 1336–43: Voigt 2, 210. 215. 216. 3, 53 u.s.w.
  10. Voigt 3, 12.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_398.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)