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noch manche andere, noch im dreizehnten Jahrhunderte dem Reiche gehört zu haben.[1] Besonders bezeichnend sind die 1220 von K. Friedrich mit päpstlicher Bewilligung getroffenen Bestimmungen über das aus einem Nonnenkloster in eine Probstei verwandelte Stift Nordhausen: instituantur in eadem ecclesia prepositus, decanus et canonici seculares, ita quod ipsius prepositure donatio ad regalem porrectionem pertineat absolute, in humilioris persone dominium nullo unquam tempore transferenda, sed annumeretur aliis preposituris imperii et gaudeat omni jure pariter et honore prepositus huius ecclesie quo gaudere prepositi ceterarum ecclesiarum imperii consueverunt; recepturus ab archiepiscopo Maguntino curam eiusdem ecclesie, cum fuerit ab excellentia regia presentatus.[2]

Einsetzung des Probstes durch den König wird hier also von vornherein urkundlich vorbehalten und scheint die Regel für die Reichsprobsteien gewesen zu sein, da wir sie auch zu Mastricht und Goslar erwähnt finden; es erklärt sich das auch daraus, dass sie vorzugsweise mit königlichen Kapellen verbunden waren. Freilich ist auch, wie bei Beromünster, von Wahl des Probstes die Rede; doch scheint diese Ausnahme gewesen zu sein und ist wenigstens am Marienstifte zu Aachen eine beschränkte; K. Otto bestimmt 966: ut canonici in prefata capella – liberam inter se habeant licentiam canonicum eligendi abbatem, qui modo prepositus dicitur; quod vero absit, si inter eos talis inveniri non possit, imperator sive rex talem canonicum inveniat, non episcopum, non monachum, sed cum qui dei timorem habeat, und 972: ut deinceps de regum vel imperatorum capella abbas eidem loco preficiendus eligatur.[3] Dieses unbeschränkte oder jedenfalls thatsächlich kaum beschränkte Verleihungsrecht des Königs, weiter die dem Abte gegenüber freiere, lange Abwesenheit gestattende Stellung des Probstes erklären leicht, wenn die Reichsprobsteien vorzugsweise als Pfründe solchen Geistlichen zugewandt wurden, welche der König für die Staatsgeschäfte verwandte, also insbesondere den Reichskanzlern und Notaren, woraus sich bei dem Grundsatze, die Bisthümer vorzugsweise an solche zu geben, welche in der Reichskanzlei ihre Fähigkeit und Ergebenheit erprobt hatten, zugleich die grosse Zahl der Bischöfe erklärt, welche aus einzelnen Reichsprobsteien hervorgingen; sollen doch unter den drei fränkischen Heinrichen sieben und dreissig Pröbste und zehn Stiftsherrn von Goslar Erzbischöfe und Bischöfe geworden sein.[4] Auch Mitglieder des königlichen Hauses finden wir als Pröbste; so zu Mastricht Konrad, Halbbruder K. Konrads III., zu Aachen den spätern König Philipp.

Nach dem Gesagten sollte nun zu vermuthen sein, dass die Reichspröbste ebenso wie die Reichsäbte Fürsten gewesen seien. Das war

  1. Vgl. Kopp. R. G. 3, 137.
  2. Huillard 1, 807.
  3. Lacombl. 1, n. 107. 113.
  4. Leibnitz scr. 2, 507. Vgl. Lüntzel Hildesh. G. 1, 356.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_393.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)