Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 347.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Da so den beiden einzigen tuszischen Bischöfen, bei welchen wir im zwölften Jahrhunderte Regalien erwähnt finden, dieselben von K. Friedrich I. zuerst verliehen scheinen, so dürfen wir wohl schliessen, dass den tuszischen Bischöfen Hoheitsrechte bis dahin überhaupt nicht zustanden, diese vielmehr durchaus in der Hand der Markgrafen und Grafen waren; erst durch Verleihung derselben wurden hier einzelne Bischöfe zu Reichsständen und der Begriff der Erhebung eines Bischofs in den Reichsfürstenstand, welchen wir im allgemeinen in älterer Zeit nicht nachzuweisen wussten, dürfte hier am meisten zutreffen. Nach dem Eingehen der Tuszischen Mark mögen noch einige andere Bischöfe Hoheitsrechte erhalten haben oder mit den Temporalien, mit welchen sie vielleicht früher von den Markgrafen investirt wurden, vom Reiche belehnt sein; wenigstens finden sich einige spätere Zeugnisse. So für den Bischof von Arezzo, welcher 1281 als devotus et fidelis princeps imperii vom Reichsboten Rudolf mit allen Regalien, welche er besitzt, oder seine Vorgänger besessen haben, belehnt wird, investientes eundem episcopum sollempniter per librum sacre scripture [1]; noch 1414 bezeichnet ihn K. Sigismund als unsern und des Reiches Fürsten. [2] Doch möchte gerade für Arezzo vielleicht schon für die markgräfliche Zeit eine ausnahmsweise Reichsunmittelbarkeit anzunehmen sein, da der Bischof 1068 und später ausdrücklich als episcopus et comes bezeichnet wird [3] und doch wahrscheinlicher sein dürfte, dass er die Grafschaft vom Reiche, als vom Markgrafen hatte. Den Bischof von Massa maritima bezeichnet K. Heinrich 1313 als seinen Fürsten und Rath und erklärt Veräusserungen von Besitzungen seiner Kirche für nichtig, weil sie ohne Einwilligung des Reiches als Lehnsherren gemacht seien.[4] So finden wir auch 1313 den Erzbischof von Pisa [5], 1451 den Bischof von Siena [6] vom Kaiser als Fürsten bezeichnet; doch scheint dabei in späterer Zeit oft weniger ein bestimmtes staatsrechtliches Verhältniss, als eine allgemeine Anschauung, dass jedem Reichsbischofe auch der Fürstentitel zukomme, gewirkt zu haben. Dafür spricht insbesondere die schon angeführte Urkunde vom J. 1364, wodurch K. Karl dem Bischofe von Florenz seinen Reichsfürstenstand erneuert [7]; wir werden wohl nicht fehlen, wenn wir annehmen, dass von einem solchen bis dahin nie die Rede gewesen sei.

In den übrigen Theilen Italiens scheint es keine Reichsbischöfe gegeben zu haben, wie wir auch keinen als Fürsten bezeichnet finden.

Reichen nun auch die Zeugnisse für den Fürstenstand oder die Unmittelbarkeit einzelner italienischer Bischöfe bis in das fünfzehnte und sechszehnte Jahrhundert, so hat auf die Dauer doch keiner seine Unmittelbarkeit behauptet; so überaus zahlreich die italienischen Reichslehen

  1. Ungedr. zu Rom.
  2. Ughelli 1, 429.
  3. Mittarelli 2, 218. 232. 257. 3, 330. 331.
  4. Ughelli 3, 719.
  5. Ughelli 3, 446. Lünig 10b, 11.
  6. Reg. Fr. IV n. 2723.
  7. Vgl. § 64 n. 13.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_347.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)