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quod ipse et ecclesia Vapincensis tenent et tenere debent ratione comitatus Folcalquerii, tanquam pro maiori domino, totam terram quam tenet et tenere debet in comitatu Folcalquerii et episcopatu Vapincensi – et inde facere fidelitatem et recognitionem praedicto domino regi; er verpflichtete sich zugleich Lehnsfolge zu leisten und im königlichen Lehnhofe zu Rechte zu stehen. Allerdings wurde hinzugefügt: Et praedicta omnia dictus episcopus fecit et facit salvo iure imperii.[1] Solche Vorbehalte finden sich auch sonst; so wird 1291 bei dem Vertrage über die Lehnsauftragung der angeblich alliodialen, aber erweislich 1204 und 1238 vom Reiche geliehenen[2] Herrschaft Sault an Provence bestimmt, der Vertrag solle ungültig sein: quod si contingeret vel reperiretur in futurum, pro Romano imperio praedictam terram recognitam fuisse vel recognosci debere[3]; aber das zeigt doch höchstens, dass man noch an die Möglichkeit des Wiederauflebens der ruhenden Reichsrechte dachte.

Mit der blossen Lehnshoheit begnügte sich übrigens der Anjou nicht; als der Bischof später in neue Streitigkeiten mit den Bürgern gerieth, von ihnen sogar gefangen gesetzt wurde, sah er sich 1281 zu einem Vertrage genöthigt, wodurch er dem Könige das Condominium aller Regalien zugestand, so dass die Einkünfte getheilt, die Beamten gemeinsam ernannt wurden, wogegen der König deren Vertheidigung übernahm. So leisteten denn auch später die Bischöfe unbedingt den Lehnseid für alle ihre Temporalien und zum Zeichen der Hoheit wurde bei jeder Neuwahl die Standarte der Grafen von Provence auf dem bischöflichen Palaste aufgepflanzt.[4]

In ähnlicher Weise dürften die andern zur Provinz von Aix gehörigen Bisthümer in Forcalquier ihre Unmittelbarkeit verloren haben. Dem Bischofe von Sisteron ertheilte noch 1251 K. Wilhelm ein Privileg über seine Rechte und insbesondere zwei Burgen, quae ab imperio immediate tenentur; Karl von Anjou zwang ihn aber bald darauf, ihm den Lehnseid zu leisten und auf jenes Privileg ausdrücklich zu verzichten.[5] Vom Bischofe von Apt sagt der Kaiser 1178: quod P. venerabilis episcopus Aptensis noster fidelis et dilectus ad nostram curiam in praesentiam nostram venit et facta nobis et imperio debita fidelitate cum hominio regalia nostra – a manu nostra per rectam investituram recepit; in einem gleichzeitigen Briefe nennt er ihn ausdrücklich dilectum principem nostrum.[6] Aber 1303 und 1310 leistete er dem K. Robert von Anjou den Lehnseid, ebenso 1440 und 1482 dessen Nachfolgern, so dass die Bestätigung, welche ihm und zwar als Princeps 1355 K. Karl über seine alten Privilegien ertheilte[7], höchstens Veranlassung werden mochte, dass der Bischof auch später den Fürstentitel führte.[8]

  1. Gallia chr. 1, 87. H. de Dauph. 2, 98.
  2. Huillard 5, 1234.
  3. Papon 3, 37.
  4. Gallia chr. 1, 88. Papon 2, T. 338.
  5. Gallia chr. 1, T. 489.
  6. Gallia chr. 1, 78. 79.
  7. Gallia chr. 1, T. 361. 362. 368. 365.
  8. Büsching 2, 488.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_332.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)