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vermuthen, dass andere Bischöfe seines Gebietes ihm schon unterworfen waren; Ansprüche der Grafen treten fast überall hervor.

Allerdings bestätigt K. Friedrich 1186 dem Erzbischofe von Tarentaise, quem de regalibus Tarentasiani archiepiscopatus per imperiale sceptrum investivimus, seine Besitzungen, und nochmals mit denselben Ausdrücken 1196 K. Heinrich.[1] Aber es muss doch auffallen, dass wir sonst nie von einer Belehnung des Erzbischofs durch das Reich hören, und dass derselbe weder hier, noch sonst, so weit ich sehe, als Fürst bezeichnet wird. Ich möchte daher, zumal mit Berücksichtigung der folgenden genauern Nachrichten über Sitten, vermuthen, dass die Regalien den Grafen zustanden und dass die kaiserliche Belehnung 1186 zu den Massregeln gehörte, welche damals gegen den widerspenstigen Grafen Humbert ergriffen wurden.[2] Darauf leiten auch die Ansprüche des Grafen auf die Spolien, welche mit der Verleihung der Temporalien in engster Verbindung stehen; schon um 1150 verzichtet der Graf auf das, was er sich bisher beim Tode des Erzbischofs und der Geistlichen angemasst hatte.[3] Bestimmt 1226 K. Friedrich, dass der Nachlass des Erzbischofs dem Nachfolger verbleiben soll, ita quod nec comes nec alius occasione regalium nostra vel alicuius alterius auctoritate ea presumat invadere, que ipsis archiepiscopis in perpetuam elemosynam concedimus et donamus[4], so scheint allerdings der Kaiser die Regalien als dem Reiche zustehend zu betrachten, aber es müssen doch auch Ansprüche vom Grafen erhoben sein. Im J. 1297 erhält dieser 1040 Pfund als Abfindung für die Rechte, welche er während der Sedisvakanz auf die Kirchengüter hat; 1358 nimmt der Graf das Blutgericht und andere Hoheitsrechte in Anspruch, nicht etwa als Reichsvikar, sondern tam de iure principatus sui, quam suae superioritatis et ex antiqua consuetudine; dagegen beruft sich der Erzbischof auf die kaiserlichen Privilegien und es werden ihm auch wichtige Hoheitsrechte zuerkannt.[5] Nach allem werden wir hier höchstens ein zweifelhaftes Rechtsverhältniss annehmen dürfen; bestimmtere Beweise für den Reichsfürstenstand fehlen durchaus; auch ist beachtenswerth, dass der Erzbischof in der Urkunde von 1333 nicht genannt wird, wohl aber die Grafschaft Savoien.[6]

Von den Suffraganen dürfte der Bischof von Aosta immer die Regalien vom Grafen erhalten haben; 1191 verzichtet derselbe auf die Spolien[7]; für eine unmittelbare Verbindung des Bischofs mit dem Reiche habe ich nicht das geringste Zeugniss gefunden.

Dasselbe gilt von dem zur Provinz von Vienne gehörigen Bischof von Maurienne. Für diesen scheint sich in älterer Zeit ein anderes Abhängigkeitsverhältniss zu ergeben, indem K. Konrad 1038 dem Bischofe von Turin episcopatum Moriennensis civitatis mit allem namentlich aufgeführten Zubehör in perpetuam proprietatem schenkt.[8] An und für

  1. Gallia chr. 12, 888. Huillard 2, 561.
  2. Vgl. Cibrario Savoya 1, 225.
  3. Gallia chr. 12, 382.
  4. Huillard 2, 563.
  5. Gallia chr. 12, 404. 406.
  6. Vgl. § 210 n. 22.
  7. Wurstemberger 4, 15.
  8. Guichenon B. Seb. 167.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_324.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)