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Der Erzbischof hat sich mit grossem Glück dieses Recht der Ernennung und Belehnung bis in spätere Zeiten zu wahren gewusst; er war der einzige Metropolit, welcher zur Zeit des Trienter Konzils ein solches Ernennungsrecht besass; und die Reverse der Bischöfe über erhaltene Belehnung reichen bis in die letzten Zeiten des Reichs.[1] Einzelne entgegengesetzte Versuche scheinen freilich auch später stattgefunden zu haben. Im J. 1360 ertheilte K. Karl dem Bischofe von Gurk die Belehnung mit den Regalien[2]; erscheint dabei Herzog Rudolf von Oesterreich als Zeuge, so dürfen wir uns wohl dessen Interesse dabei wirksam denken. Doch blieb der Fall vereinzelt; es entstanden zwar später Misshelligkeiten mit Oesterreich, welche 1535 dahin geschlichtet wurden, dass je zweimal Oesterreich, das drittemal der Erzbischof den Bischof ernennen solle; das Belehnungsrecht des Erzbischofs wurde aber auch dabei vollkommen gewahrt.[3] Verleiht 1428 K. Sigismund dem Bischofe von Seckau und seinen Nachfolgern den Blutbann[4], so war das ein unberechtigter Eingriff und der Bischof musste sich 1432 ausdrücklich verpflichten, seine Richter zum Empfange des Bannes an den Erzbischof zu schicken, und von keinem andern die Regalien seines Stifts zu nehmen, sollte das auch jezuweilen von einem Vorgänger geschehen sein.[5] Wurden die vier Bischöfe in die Reichsmatrikeln aufgenommen, so entledigte K. Friedrich 1492 den Bischof von Chiemsee seines Anschlags ausdrücklich aus dem Grunde, weil er keine Regalien und Lehen vom Reiche habe und demnach nicht in solche Anschläge gehöre[6]; eben so verwahrte sich Oesterreich 1548 gegen die Heranziehung seiner landsässigen Bisthümer Gurk, Seckau und Lavant zu den Reichslasten, weil dieselben keine Regalien vom Reiche hätten.[7]

Steht es fest, dass die Bischöfe in keiner unmittelbaren Lehnsverbindung mit dem Reiche standen, so wird zu untersuchen sein, ob sie dennoch als Reichsfürsten galten. Fanden wir 1162 den Bischof von Gurk vom Kaiser als Fürsten bezeichnet[8], so werden wir darauf für die Zeit des neuern Reichsfürstenstandes keinerlei Gewicht legen. Was diese betrifft, so ergibt sich für die frühere Zeit bis zum Interregnum kein Zeugniss, wonach einer jener Bischöfe als Fürst bezeichnet würde; dagegen fanden wir, und das dürfte hier vor allem massgebend sein, 1230 den Bischof von Seckau ganz unzweideutig als nicht zu den Reichsfürsten gehörend bezeichnet.[9] Damit stimmt die Stellung als Zeugen. Bis auf die Zeiten K. Rudolfs erscheinen sie überhaupt sehr selten beim Kaiser und durchweg nur in Begleitung ihres Metropoliten. Wird den Bischöfen von Chiemsee und Seckau 1218 vom Könige bewilligt: quod si praefatos episcopos curiam regiam frequentare contigerit,

  1. Näheres Juvavia T. 267 f. 273.
  2. Glafei 492.
  3. Näheres Juvavia T. 251 f. 256 f.
  4. Aschbach Sigism. 3, 464.
  5. Juvavia T. 267.
  6. Reg. Fr. IV n. 8869.
  7. Moser 35, 222.
  8. Vgl. § 42 n. 2.
  9. Vgl. § 200 n. 5.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_316.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)