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unwahrscheinlich durch den auffallenden Umstand, dass, während wir sie bis 1197 häufig in der Umgebung des Kaisers finden, während auch nach dieser Zeit der König von Böhmen und der Markgraf von Mähren häufig am Hofe erscheinen, wir dagegen seit 1197 weder einen Bischof von Prag, noch von Olmütz unter den Zeugen der kaiserlichen Urkunden oder sonst bei Reichsgeschäften betheiligt finden; zählt Arnold von Lübeck 1209 beide unter den Bischöfen auf, welche am Römerzuge Antheil nehmen[1], so ist das unzweifelhaft ein Irrthum, da wir die Theilnehmer aus den Zeugenreihen genugsam kennen.

Muss dieser Umstand ihre Stellung als Reichsfürsten sehr zweifelhaft machen, so entzieht er uns zugleich grossentheils die Mittel, nach äussern Kennzeichen darüber zu urtheilen. Der Fürstentitel wird ihnen allerdings auch später häufig gegeben; aber früher angeführte Stellen zeigten uns bereits, dass er sich zunächst nicht auf das Reich, sondern auf Böhmen beziehe; er kam den Bischöfen als böhmischen Fürsten zu.[2]

Zu diesen böhmischen Fürstbisthümern kam noch das im J. 1344 gestiftete von Leutomischl; der Bischof wird von K. Karl mehrfach ausdrücklich als Fürst bezeichnet[3] oder unter den böhmischen Fürsten aufgezählt.[4]

Endlich gehört hieher auch das Bisthum Breslau. In früherer Zeit gehörte der Bischof so wenig zum Reiche, als irgend ein anderer polnischer Bischof; nur ganz vereinzelt erscheint derselbe 1136 in einer Kaiserurkunde und zwar hinter den deutschen Bischöfen.[5] Im dreizehnten Jahrhunderte genoss der Bischof allerdings eine grössere Selbstständigkeit, als andere landsässige Bischöfe, da er seit 1201 Herr über das Gebiet von Neisse wurde und die Herzoge ihrer Gewalt für die bischöflichen Besitzungen entsagten.[6] Seit Begründung der böhmischen Lehnshoheit über Schlesien kam denn auch der Bischof in die Stellung eines böhmischen Lehnsfürsten; schon 1346 von K. Johann, dann oft von K. Karl wird er als princeps noster dilectus bezeichnet[7]; nach Urkunde K. Karls vom J. 1358 erkennen Bischof und Kapitel den König von Böhmen als principalis patronus et dominus an, der Bischof muss bei der Krönung des Königs erscheinen und ab ipso opidum Grotkow – in feodum suscipere et – juramentum homagii, fidelitatis et obedientiae et subjectionis – innovare ac ipse Wratislaviensis episcopus, qui pro tempore fuerit velud alii principes ligii, capitulum vero eiusdem ecclesie tanquam vasalli regni et corone Boemie omnia et singula facient, que juxta privilegia et consuetudines regni et corone Boemie facere tenebuntur.[8]

In den Zeugenreihen der Urkunden K. Karls erscheinen nun diese böhmischen Fürstbischöfe wieder häufig mit Reichsbischöfen zusammen,

  1. Leibnitz scr. 2, 742.
  2. Vgl. § 19.
  3. z.B. Glafei 10. 72.
  4. Vgl. § 19 n. 14.
  5. Gerken C. D. 5, 60.
  6. Vgl. Stenzel UB. XX. 251.
  7. Stenzel 303. 308. 310. 313 u.s.w.
  8. Stenzel 311.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_312.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2020)