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unsere fürsten.[1] Auch Reichsbelehnungen finden sich für Merseburg[2], Naumburg[3] und Meissen[4] und weder von ihnen, noch von den brandenburgischen Bischöfen ist bekannt, dass sie die Investitur jemals von einem andern Fürsten erhalten hätten. Gegen den Fürstenstand des Bischofs von Havelberg liesse sich nur etwa geltend machen, dass 1319 in brandenburgischer Urkunde als Zeugen der Erzbischof von Magdeburg als venerabilis, der Herzog von Braunschweig als illustris, dann erst der Bischof und zwar als reverendus erscheint.[5] In wie weit etwa die Lage dieser Bisthümer in der Mark auf ihre staatsrechtlichen Verhältnisse von Einfluss war, werden wir an anderm Orte zu untersuchen haben.

Bei einigen benachbarten slavischen Bischöfen wird es sich weniger 205 nm ihre Stellung im Reiche handeln, als darum, ob sie überhaupt zum Reiche gehörten. Für den Bischof von Kamin dürfte das wenigstens für das dreizehnte Jahrhundert wohl aufs entschiedenste zu verneinen sein; jedenfalls stand er in keiner unmittelbaren Beziehung zum Reiche. Die Zeugen der Kaiserurkunden dieser Zeit sind so zahlreich, dass wir, wenn wir den Bischof nie unter ihnen finden, vollkommen zu dem Schlusse berechtigt sind, dass er sich nie, sei es zum Reichshoftage, sei es zur Reichsheerfahrt, beim Kaiser eingefunden habe, ein Verhältniss, mit welchem, wie unsere weitern Erörterungen genügend darthun werden, der Reichsfürstenstand völlig unvereinbar erscheinen muss; auch finden sich keine kaiserliche Privilegien für das Bisthum. Es zählt weiter der Sachsenspiegel alle sächsischen Bisthümer auf, aber darunter nicht Kamin; hätte dieses zum Reiche gehört, so würde es gewiss eben so wohl genannt sein, wie etwa die überelbischen Bisthümer; dass es durch eine ungeschickte Interpolation in abgeleitete Texte gerathen ist, wird das Gewicht des ursprünglichen Fehlens nicht schwächen können.[6]

Es ist hier ausserdem ein eigentümliches Rechtsverhältniss zu beachten. Das verfallene Bisthum Wollin war 1172 vom Fürsten Kasimir von Pommern zu Kamin wieder errichtet und von ihm mit vielen Freiheiten bedacht; 1188 bestätigt der Papst die Verlegung, nimmt die Kirche von Kamin, que beati Petri juris existit, in seinen besondern Schutz, bestätigt libertatem quoque qua sedes ipsa soli fuit Romano pontifici a prima sui institutione subiecta, sicut est hactenus observata, und bestimmt: ad indicium autem huiusmodi percepte a sede apostolica protectionis et libertatis nobis nostrisque successoribus tu et successores tui fertonem auri annis singulis exsolvetis[7]; auch in dem Verzeichnisse der Einkünfte der römischen Kirche des Cencius camerarius vom J. 1192 wird diese Abgabe erwähnt.[8]

  1. Pelzel Wencesl. 1, 81.
  2. Reg. Rud. n. 808.
  3. 1338: Scheidt bibl. hist. 245. Reg. Fr. IV n. 4240.
  4. Reg. Fr. IV n. 8558.
  5. Sudendorf UB. l, 180.
  6. Vgl. Ficker, üb. einen Spiegel deutscher Leute. 36. 72. 162. (Sitzungsber. 23, 148. 184. 279.)
  7. Dreger 12. 45.
  8. Muratori ant. 5, 875.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_305.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)