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finden sich vereinzelte Beispiele, dass die Reichskanzlei einen Grafen als illustris bezeichnet[1]; 1210 finden wir den Grafen sogar als Herzog von Savoien vor dem Herzoge von Kärnthen[2], wogegen sie an andern Stellen auch Magnaten nachstehen, z. B. 1226 dem Herzoge von Spoleto und dem Markgrafen von Malaspina.[3] Ihre gewöhnlichen Prädikate in Kaiserurkunden sind aber durchweg spectabilis und nobilis[4]; königliche Lehnbriefe für die Grafen von 1252 und 1265 beginnen ausdrücklich mit der Formel: Ex ubertate culminis nostri provenit, ut nobiles et magnates imperii gratis praeveniamus beneficiis.[5] Würden dadurch nicht schon Zweifel über ihre Stellung beseitigt, so müsste der Umstand entscheidend sein, dass der Graf 1310 ausdrücklich in den Reichsfürstenstand erhoben wurde[6]; seitdem wird er denn auch in Kaiserurkunden bestimmt als Fürst bezeichnet.[7] Savoien war dann der einzige nicht zum deutschen Königreiche gehörige weltliche Fürst, welcher noch im achtzehnten Jahrhunderte als Mitglied des Reichsfürstenrathes betrachtet wurde und noch einmal 1773 einen Gesandten schickte.[8]

Bei keinem der andern burgundischen Grafen liegt eine Veranlassung 180 vor, seine Stellung genauer zu untersuchen; sie waren unzweifelhaft nur Magnaten.

Dagegen ist zu beachten, dass die Herren von Baux im dreizehnten Jahrhunderte nicht selten den Titel eines Fürsten von Oranien führen. So soll 1215 Wilhelm von Baux vom K. Friedrich bei seiner Erhebung zum Könige von Arles so genannt sein[9]; es gibt Münzen jener Zeit mit der Inschrift Fredericus imp. und Princeps Aurasiae[10]; später nennen sich die Herren selbst R. oder B. de Baucio princeps Auraicae[11]; 1300 erwähnt Bertrand auch seinen bayllivus principatus Aurasicae.[12]

Dass dieser Titel in irgendwelcher Beziehung zum Reichsfürstenstande gestanden habe, ist durchaus zu bezweifeln. Allerdings soll K. Friedrich 1178 den Bertrand zum Fürsten erhoben haben[13]; das möchte aber jedenfalls schwer zu erweisen sein und wäre es zu erweisen, so würde noch zu untersuchen sein, was darunter zu verstehen sei, da nach den frühern Erörterungen eine Erhebung in den Reichsfürstenstand in späterer Bedeutung für jene Zeit überaus unwahrscheinlich sein muss.[14] Schon der Gebrauch des Titels als eines stehenden, ohne Beziehung auf das Reich, sondern auf einen untergebenen Kreis, wie er unter den Reichsfürsten etwa nur bei Anhalt gebräuchlich war, lässt darauf

  1. 1255. 82: Oestr. Archiv. 1851. 1, 104. 112.
  2. Reg. Ott. n. 137.
  3. Reg. Fr. n. 610.
  4. z. B. M. G. 4, 442. Wurstemberger 4, 267. Zeerleder 2, 287. 288. 289. Oestr. Archiv 1851. 1, 117. 121. Acta Henr. 2, 121. 251.
  5. Lünig 10b, 7. 8.
  6. Vgl. § 77.
  7. z. B. Reg. Henr. VII. n. 409. 417. Guichenon Savoie. 2, 139.
  8. Vgl. Gebhardi 1, 256. Moser 35, 115.
  9. Reg. Fr. n. 110.
  10. Cappe Kaisermünzen n. 317. 354. Ducange ad v. moneta, tab. 22, n. 13. 14.
  11. 1257–94: Papon 3, 13. Gallia chr. 1, 134. 121. H. de Dauph. 1, 123.
  12. Lünig c. d. It. 3, 969.
  13. L’art de verif. l. d. 10, 436.
  14. Vgl. § 68.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_255.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)