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Hause ergeben sich nicht allein keine Kennzeichen des Fürstenstandes, sondern sie scheinen sogar nicht einmal den Grafen gleichgehalten worden zu sein. Beim Kaiser finden wir sie so selten, dass man sie, worauf ich zurückkomme, schwerlich überhaupt nur für unmittelbare Reichsstände wird halten dürfen; und in Kaiserurkunden von 1144, 1165, 1223 und 1290 stehen sie als Zeugen hinter den Grafen, 1294 sogar hinter zwei Edeln, nur den Burggrafen von Leissnig und den Vögten von Plauen vorgestellt.[1] Keine höhere Stellung scheinen sie in den landesfürstlichen Urkunden einzunehmen und niemals wurden sie hochgeboren genannt, sondern nur edel oder wohlgeboren.[2] Spricht 1410 der Burggraf einmal selbst von seiner fürstlichen gewalt, so kann das bei ihrem Streben, dem Landesherrn gegenüber eine möglichst unabhängige Stellung einzunehmen, kaum auffallen; und auch auf den ganz vereinzelten Ausdruck in einem Lehnbriefe K. Sigismunds vom J. 1425: der wohlgeborn H. burggraff zu Meissen etc. unser lieber oheim und furste[3] wird doch um so weniger Gewicht zu legen sein, als nicht allein der in dieser Zeit gebräuchliche Ausdruck unser und des reiches fürst, sondern sogar das fürstliche Prädikat vermieden ist.

Nach dem Aussterben des burggräflichen Hauses nahm Kursachsen die Burggrafschaft in Besitz, während K. Sigismund 1426 den Heinrich von Plauen damit belehnte; der lange Streit wurde 1439 endlich durch K. Albrecht dahin geschlichtet, dass der ganze burggräfliche Besitz bei Kursachsen verblieb, den Herren von Plauen aber Name, Titel, Würde und Freiheit des Burggrafthums Meissen zugestanden wurde. Von Ansprüchen auf den Fürstenstand war weder damals noch in der nächsten Folgezeit die Rede. Findet sich in dem echten Lehnbriefe von 1426[4] nicht die geringste Hindeutung auf den Fürstenstand, so produzirte nun Burggraf Heinrich 1490 eine Verunechtung desselben, nach welcher die Plauen gefürstete burggrafen werden und ihnen Sitz and Stimme auf den Reichstagen, Fürstenstand und fürstliches Prädikat zugesprochen wird, in welcher Form K. Friedrich und K. Maximilian die Urkunde bestätigten.[5] Zunächst scheinen die Burggrafen keinen weitern Gebrauch von dieser Fälschung gemacht zu haben, als dass sie das Prädikat hochgeboren beanspruchten[6]; nach wiederholten Bestätigungen der Urkunde aber erwirkten sie 1541 das kaiserliche Versprechen einer Stimme im Reichsfürstenrathe; 1548 erklärte dann der Kaiser, dass die Burggrafen von jeher Fürsten und Stände des Reichs gewesen seien, dass die Nichtausübung ihrer Standschaft ihnen nicht nachtheilig sein solle und ihnen als Reichsfürsten Sitz und Stimme auf Reichstagen zukomme. Sie erhielten denn auch ihren Sitz nach Anhalt, vor Henneberg und Mömpelgard, welche ihnen zwar nicht den Fürstenstand, wohl

  1. Schultes Dir. 2, 51. Erben n. 136. Huillard 2, 780. Märcker Burggr. Meissen 98. Schöttgen et Kr. Nachl. 1, 65.
  2. Märcker 97. 96.
  3. Märcker 96. 543.
  4. Märcker 544.
  5. Märcker 322. 371. Vitr. ill. 2, 703.
  6. Märcker 332. 375.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_241.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)