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sie als Landgrafen[1] oder vereinzelt als Pfalzgrafen von Elsass[2] bezeichnet sind, ist ihre Stellang keine andere. Ebenso erscheinen die Landgrafen des obern Elsass durchweg als Grafen von Habsburg, nur vereinzelt als Landgrafen und auch dann zwischen andern Grafen.[3] Nennt sich Herzog Rudolf IV. von Oesterreich 1360 mehrfach princeps Sueviae et Alsatiae[4], so steht das allerdings mit seinen sonstigen Bestrebungen durchaus im Einklange, wird uns aber gewiss keinen Anhalt bieten dürfen, daraus auf ein älteres Fürstenthum im Elsass zu schliessen.

Von einer Besprechung der übrigen, seit dem dreizehnten Jahrhunderte im südwestlichen Deutschlande von vielen gräflichen Häusern geführten Landgrafentitel werden wir hier Umgang nehmen dürfen; in den Kaiserurkunden wird von ihnen kein Gebrauch gemacht und es deutet bei ihnen, wie bei den Titeln eines Burggrafen, Wildgrafen u.s.w., nichts darauf hin, dass sie irgendwelchen Vorzug vor andern Grafenhäusern begründet hätten; es werden diese Landgrafentitel auch durchweg dem gräflichen nachgestellt, wenn, wie gewöhnlich, beide geführt werden.

Was die Grafen betrifft, so haben die früheren Erörterungen aufs 156 bestimmteste dargethan, dass sie im allgemeinen nicht zu den Fürsten zählten; die Klasse der comites spectabiles wird als Gesammtheit durchweg von den principes illustres scharf unterschieden. Gab es Grafen, welche Fürsten waren, so können das nur so wenige gewesen sein, dass es nicht nöthig schien, bei allgemeineren Bezeichnungen darauf Rücksicht zu nehmen. Wir werden uns daher auf die Prüfung der Stellung einiger weniger Grafenhäuser beschränken dürfen, bei welchen entweder wirklich Kennzeichen des Fürstenstandes hervortreten oder für welche man denselben aus diesem oder jenem Grunde in Anspruch genommen hat.

Die Grafen von Anhalt legen sich, seit nach dem Tode Herzog Bernhards von Sachsen 1212 das Herzogthum Sachsen und Anhalt in verschiedenen Händen waren, den Titel comites Ascharie et principes in Anhalt bei, und zwar urkundlich mindestens seit 1215, behalten, wenn sie sich zuweilen auch nur Grafen nennen, den Fürstentitel immer bei und setzen ihn im vierzehnten Jahrhunderte, etwa seit 1324, dem Grafentitel vor; auch bedienen sie sich durchweg des fürstlichen Prädikates illustris.[5] Dieser Gebrauch des Fürstentitels in einer den Amtstiteln anscheinend koordinirten Bedeutung wurde im Reiche erst Ende des fünfzehnten Jahrhundertes durch Erhebungen zum Fürsten ohne Verleihung eines Amtstitels üblich[6]; früher ist er bei Reichsfürsten ganz ungewöhnlich, wir fanden ihn vereinzelt sogar gerade bei solchen Reichsgrossen, welchen bei fürstenmässiger Stellung doch der Reichsfürstenstand und ein vom Reiche anerkannter Amtstitel fehlte[7];

  1. Reg. Phil. n. 69.
  2. 1219: Notizenbl. 1, 309. Huillard 1, 626.
  3. Reg. Fr. n. 41.
  4. Dipl. Stir. 1, 41. 2, 35. 148.
  5. Vgl. die Zusammenstellungen der Titel bei Beckmann 1, 509 und Vitr. ill. 2, 523–527.
  6. Vgl. § 83.
  7. Vgl. § 138 n. 11. § 153 n. 5.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_229.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)