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wohl nicht ohne grosse Kosten zu erreichen war. Dieser ganze Vorgang würde uns allerdings bedenklich erscheinen müssen, wäre er ein vereinzelter; wir werden uns aber noch mehrfach auf dieselbe Annahme hingewiesen sehen.

Eine im 13. Jahrhunderte abgezweigte Nebenlinie des badischen Hauses sind die Markgrafen von Hachberg, von welchen sich zu Ende des Jahrhunderts noch die jüngere Linie der Markgrafen von Sausenberg, gewöhnlich auch nach Hachberg benannt, trennte, wovon diese 1503, jene schon 1415 ausstarb. Ihre Stellung ist unzweifelhaft; Markgraf Heinrich erscheint in den Urkunden K. Rudolfs häufig mit den bestimmtesten Kennzeichen des Magnaten.[1] Auch als die Stammesvettern als Fürsten galten, änderte sich die Stellung der Hachberger nicht; sie erhalten nie den Fürstentitel und werden vom Kaiser nur als edle[2] oder wohlgeborne Getreue[3] bezeichnet. Als Markgrafen von Rötheln, wie von einer Herrschaft die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg in Privataufzeichnungen mehrfach genannt werden[4], erscheinen sie denn auch in den ältesten Matrikeln von 1422 und 1431 nicht unter den Fürsten, wie Baden, sondern unter den Grafen[5]; in spätern zählen sie freilich auch zu den Fürsten, was Veranlassung werden mochte, dass Baden-Durlach später um ein fürstliches Votum für Sausenberg anhielt.[6]

Auf einer blossen Namensverwechslung mit dem in den Matrikeln befindlichen Rötheln scheint es zu beruhen, wenn Herzoge von Nevers und Retel in Frankreich, aus dem Hause Gonzaga, sich Reichsfürsten nannten und mit Baden um den Titel von Rötheln stritten.[7]

148 In den westlichen Gränzlanden wird der Titel eines Markgrafen mehrfach, wie es scheint, willkürlich und ohne dass ihm besondere Bedeutung beizulegen wäre, geführt. Die Herzoge von Oberlothringen, deren Vorfahren sich schon vor dem Erwerbe des Herzogthums Markgrafen genannt hatten[8], fügten auch später den Titel eines Markgrafen mehrfach dem herzoglichen zu[9], ohne dass desshalb wohl an eine vom Herzogthume getrennte Markgrafschaft zu denken ist, wie eine solche auch 1258 bei Aufzählung der lothringischen Reichslehen nicht erwähnt wird[10]; die hier später bestehenden scheinen neuerer Erhebung ihren Ursprung zu danken.[11] So nannten sich die Grafen von Flandern häufig Markgrafen[12]; Graf Balduin von Hennegau nennt sich bereits vor Errichtung der Mark Namur 1168 marchio adiacentis regionis.[13] Dort finden wir dann weiter noch die Titel eines Markgrafen von Antwerpen und Arlon. Von ersterer, welche 1008 nur Grafschaft

  1. Reg. Rud. n. 470. 474. 490. 586. 1138. 1179. M. G. 4, 445. Lichn. Reg. 1, 167. Herrgott 3, 260. Schöpflin Bad. 5, 262. 273. 290.
  2. 1397 u.s.w. Schöpflin Bad. 5, 553 u.s.w. 6, 12 u.s.w.
  3. 1414-1494: Schöpflin Bad. 6, 70-467.
  4. Schöpflin 6, 143. 223.
  5. Aschbach Sigism. 3, 425.
  6. Moser 35, 256.
  7. Gebhardi 1, 305. Moser 35, 248.
  8. Gebhardi 1, 409.
  9. z.B. 1290: Schöpflin Bad. 5, 292.
  10. Calmet 2, 481.
  11. Vgl. § 80. n. 3. 6.
  12. Vgl. § 60 n. 2.
  13. Miraeus 2, 829.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_224.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2016)