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von Orlamünde vor dem von Querfurt[1]; ähnlich heisst in Urkunden des Deutschmeisters und des Landgrafen Albrecht von 1290 nur der von Orlamünde illustris comes, während die Grafen von Katzenellenbogen, Schwarzburg und Rabenswald kein Prädikat erhalten.[2] Häufiger noch wird ihnen das Prädikat da ertheilt, wo sie vereinzelt stehen; so z. B. auch dem Grafen von Brene 1209 in magdeburgischer Urkunde.[3]

Auf letztere Fälle freilich darf weniger Gewicht gelegt werden, denn in den Urkunden, welche nicht in der Reichskanzlei entstanden sind, werden diese Unterschiede keineswegs scharf eingehalten. Wie willkürlich man darin oft die Prädikate wählte, zeigt eine Urkunde der Stadt Ulm vom J. 1255: Testes – U. inclitus comes de W., H. illustrissimus comes de G., G. egregius comes de C., W. et W. virtuosissimi comites de V., E. et C. magnifici et fidelissimi comites de K., E. nobilis de A. u. s. w.[4] Insbesondere wird in solchen Urkunden auch einfachen Grafen häufig das Prädikat illustris gegeben[5] und es ist durchaus unstatthaft, daraus, wie das oft geschieht, auf den Fürstenstand eines Geschlechtes zu schliessen. Eine Kölner Urkunde von 1226 unterscheidet ausdrücklich die Grafen von Geldern und Mark als viri illustres von den nobiles[6]; ebenso scheint das Prädikat für die gräfliche Abstammung beansprucht zu werden, wenn 1259 Illustris domina Jouta filia quondam comitis G. de Marstetten eine Urkunde ausstellt, in welcher ihr Gemahl nur nobilis vir dominus B. de Nifen heisst.[7] Aber auch ein Edler heisst in Mindener Urkunde von 1203: vir illustris G. de Perremont[8], und der Abt von Viktring nennt 1205 sogar einen Ministerialen illustris.[9] Nur auf den Gebrauch der Reichskanzlei werden wir in dieser Richtung Gewicht legen dürfen; und sehen wir dabei von solchen Grafen, bei welchen auch andere Kennzeichen des Fürstenstandes nicht fehlen, ab, so ist mir nur ein einziger Fall bekannt, wo in einer Kaiserurkunde ein Graf illustris genannt wird; 1276 nämlich schickt K. Rudolf nach Italien illustrem H. comitem de Furstenberg.[10]

114 Die Reichskanzlei bezeichnet die weltlichen Herren, welche nicht fürstlichen Standes waren, als spectabiles, nobiles und strenui; nur ganz vereinzelt, wie bereits bemerkt, finden sich clarissimi. Von jenen gehören die Strenui den Magnaten oder freien Herren nicht mehr an; es sind die Ministerialen, der sich bildende niedere Adel; vereinzelt wird auch wohl der Ausdruck Fideles in engerer Bedeutung zur Bezeichnung der Ministerialen gebraucht.[11] Das Prädikat Nobilis umfasst den ganzen Stand der Magnaten, entsprechend den frühern

  1. Lünig 14b, 651.
  2. Schumacher Nachr. 1, 26. Wilkii Tic. 87.
  3. Erath. 128.
  4. Scheidt 69.
  5. z. B. 1217 Magdeburg: Ludew. rel. 11, 567. 1236–73 Tirol und Görz: Hormayr Beitr. 2, 224. 27. 37. 300. 1267 Habsburg: Lichn. Reg. 1, 159. Weitere Beispiele Scheidt 68.
  6. Lacombl. 4, n. 651.
  7. Hormayr Beitr. 2, 148.
  8. Scheidt 345.
  9. Ankershofen n. 649.
  10. Herrgott 2, 462.
  11. Vgl. § 109 n. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)