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Antelminelli wurde 1328 vom K. Ludwig zum Herzog von Lucca, Pfalzgrafen vom Lateran und Bannerträger des Reichs erhoben; alle ihm dadurch zukommenden Rechte und Würden werden in den betreffenden Urkunden[1] aufs genaueste aufgezählt; finden wir trotzdem in denselben nicht die leiseste Andeutung, dass er von nun an auch zu den Reichsfürsten zähle und der fürstlichen Rechte theilhaftig sei, so werden wir gewiss nicht befugt sein vorauszusetzen, dass hier die Erhebung zum Herzoge zugleich die zum Fürsten eingeschlossen habe.

Gehörten alle früher aufgezählten Erhebungen in den Reichsfürstenstand 85 nach Deutschland oder, bezüglich Savoyens, nach Burgund, während andererseits gerade bei der einzigen uns aus früherer Zeit bekannten Errichtung eines Herzogthumes in Italien dieses nicht zugleich auch Reichsfürstenthum wird, so liegt die Frage nahe, ob es denn überhaupt in Italien weltliche Reichsfürsten gab? Diese Frage werden wir später zu beantworten haben; hier zunächst haben wir nur hervorzuheben, dass wenigstens in späterer Zeit auch italienische Grosse ganz in denselben Formen, wie sie in Deutschland üblich waren, zu Reichsfürsten erhoben wurden. Da die Angabe, dass die Corsini schon 1372 zu Fürsten erhoben seien[2], unbedenklich zu beseitigen ist, so gibt uns das erste Beispiel die Errichtung des Herzogthums Mailand im J. 1395; es heisst in der Urkunde, in welcher Johann Galeaz sogleich als imperii sacri princeps angeredet wird, ausdrücklich: decernentes – quod tu heredes et successores tui perpetuo duces et principes civitatis et dioecesis Mediolanensis nominari et appellari debeatis et tanquam caeteri imperii duces et principes teneri et honorari.[3] Fand gerade diese Erhebung bekanntlich grossen Widerstand bei den Fürsten, so dürfte dabei der Umstand, dass es die erste in Italien war, nicht zu übersehen sein. Es folgten dann 1432 die Erhebung des Johann Franz von Gonzaga in verum principem et marchionem Mantuae[4], 1452 des Markgrafen Borsio von Este in verum principem atque ducem Mutinae et Rhegii[5]; beide erfolgen ganz in denselben Formen, welche wir bei der Erhebung deutscher Reichsfürsten finden. Sind auch hier die früheren Erhebungen mit Verleihung höherer Amtstitel verbunden, so erfolgen dieselben später auch in Italien zahlreich nur mit dem Fürstentitel.[6] Ein auch sonst beachtenswerthes Beispiel geben die Markgrafen von Massa und Carrara. Beide werden noch 1554 als marchionatus geliehen; 1568 wird der Markgraf zum Fürsten von Massa erhoben, 1625 erhalten die principes Massae ac marchiones Carrariae den Titel illustrissimi; 1664 wird der principatus Massae zum ducatus, der marchionatus Carrariae zum principatus erhoben.[7] Diese, wie schon

  1. Leibnitz c. d. 1, 128.
  2. Gebhardi 1, 304.
  3. Leibnitz c. d. 1, 257.
  4. Lünig c. d. It. 1, 1374.
  5. l. c 1, 1640.
  6. Vgl. Gebhardi 1, 304.
  7. Lünig c. d. It. 2, 395. 398. 402. Gebhardi 1, 305.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_151.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)