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überhaupt scharf gefasst werden, der Begriff des Edeln oder Freien einerseits, des Ministerialen andererseits als sich gegenseitig ausschliessende erscheinen. Es könnte nicht auffallen, wenn der ausnahmsweise Grafentitel eines angesehenen Ministerialen vereinzelt Anlass gegeben hätte, ihm in der Reihe der Zeugen eine höhere Stelle anzuweisen, als ihm lediglich nach dem Geburtsstande zugekommen wäre; und selbst das würde sich für den Rheingrafen erst im folgenden Jahrhunderte nachweisen lassen; und scheint es andererseits unzweifelhaft, dass der Paderborner Stadtgraf Amelung edler Geburt war, so fehlt es dafür an ausreichenden Beweisen, dass er gleich seinen Vorgängern Dienstmann war.

Sehen wir nun aber auch von diesen Ministerialgrafen ganz ab, so 55 ergeben sich weitere Schwierigkeiten durch einzelne Stellen, nach welchen es scheinen muss, man habe auch von den edeln Grafen einige zu den Fürsten gerechnet, andere nicht.

Das auffallendste Zeugniss bietet eine Urkunde K. Konrads von 1142: Testes: Marchio A., Marchio H., H. comes de Winzenburc, U. de Lenceburc principes; Gotheboldus comes et filius eius Boppo, Rabboto comes, Gothefried de Nurenberc, A. de Truhendingen liberi; H. vicedominus, C. Camerarius ministeriales.[1] Die beiden als Freie von den Fürsten geschiedenen Grafen sind der Burggraf von Würzburg, Gothebold von Henneberg, dann Graf Rapoto von Abensberg, weither 1160 advocatus burgi Babenberc idemque Babenbergensis ecclesiae beneficio comes in Rangowe genannt wird.[2] In Urkunde der Aebtissin von Quedlinburg 1174 werden von den Principibus regni die magnates terrae geschieden und diesen der Burggraf von Magdeburg, dann B. von Valkenstein, G. von Schwerin, und O. von Amersleven zugezählt, welche in andern Urkunden dieser Zeit mit dem Grafentitel erscheinen.[3] Um 1170 unterscheidet der Bischof von Naumburg von den Principes, zu welchen auch die Grafen von Rochlitz, Wettin und Brene gehören, als Nobiles die Burggrafen von Magdeburg und Leissnig.[4] In einem vor dem Kaiser aufgenommenen Notariatsinstrument heisst es 1188: In praesentia O. marchionis de Meiss, S. comitis de Orlamunde et aliorum principum; H. comitis de Epan, R. de Mez u. s. w.[5]

Ausser diesen bestimmteren Stellen finden wir nun zuweilen, dass bei Zeugenstellungen, wo ausnahmsweise nicht alle geistlichen Zeugen den weltlichen voranstehen, von den Grafen einzelne neben Herzogen und anderen mächtigen Fürsten den Aebten, Pröbsten oder andern Geistlichen voranstehen, andere mit den Edeln auf sie folgen, oder auch wohl alle Grafen von den mächtigern Fürsten getrennt sind. So stehen in Kaiserurkunde 1123 der Herzog von Baiern und der Rheinpfalzgraf vor, während die Grafen von Lindenfels, Dillingen und Lenzburg

  1. R. Boic. 1, 167. (Fehlt M. B.; vom Bischof von Würzburg ausgestellt?)
  2. M. B. 29, 351.
  3. Erath. 97.
  4. Schöttgen et Kr. 2, 430. 431.
  5. C. Wangian. 81.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_109.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)