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Herzog von Sachsen war, der Abt ihm wohl als solchem unmittelbar unterstand, so wird der Umstand, dass er hier den Fürsten desselben zugezählt wird, uns kaum veranlassen dürfen, daraus einen Schluss auf andere mittelbare Aebte zu ziehen.

44 Was die Aebtissinnen betrifft, so kann es nicht befremden, wenn uns für diese Zeit urkundliche Beweise mangeln, ihnen gleichfalls den Fürstenstand zuzusprechen; kaum dass ganz vereinzelt eine Aebtissin in der Reihe der Zeugen erscheint; so 1180 die von Andlau, und zwar als letzte der Zeugen hinter den Grafen.[1] Da aber später die reichsunmittelbaren Aebtissinnen Fürstinnen waren, so dürfen wir wohl um so eher berechtigt sein, gleiches auch für frühere Zeiten anzunehmen, als die Umgestaltungen in der Abgränzung des Fürstenstandes, wie wir sehen werden, durchaus beschränkender, nicht erweiternder Art waren.

45 Die Pröbste finden wir nie, wie Bischöfe und Aebte, im allgemeinen zu den Fürsten gerechnet. Damit könnte freilich sehr wohl bestehen, dass einzelne der angesehensten Fürsten gewesen wären; das dürfte insbesondere der Fall sein beim Probste von Aachen, welcher mehrmals unter den Fürsten aufgezählt wird und zwar auch in solchen Fällen, wo alle ausser ihm genannten bestimmt als Reichsfürsten zu erweisen sind.[2]

Werden nun aber in einer Urkunde K. Friedrichs von 1158 unter den bestimmt als Fürsten bezeichneten Zeugen sieben Pröbste der Kölner und Bremer Diözese aufgeführt[3], so müssen wir darin entweder eine weitere Bestätigung des Gebrauches sehen, alle, welche sich gerade in der Umgebung des Kaisers befanden, schlechtweg als Principes zusammenzufassen, oder aber den Pröbsten im allgemeinen, von denen doch nur einzelne reichsunmittelbar waren, den Fürstenrang zugestehen.

Die letztere Annahme scheint mir schon unstatthaft wegen der Stellung, welche angesehene Pröbste in einzelnen Kaiserurkunden einnehmen. War es Regel der Reichskanzlei, die geistlichen Zeugen ganz abgesehen von ihrem sonstigen Range allen weltlichen mit Ausnahme der Könige voranzustellen, so wird uns allerdings das Vorstehen eines Geistlichen vor einem Weltlichen keinen Schluss auf ihr Rangverhältniss im Reiche erlauben. Ist dagegen ausnahmsweise eine andere Ordnung eingehalten, steht ein Geistlicher weltlichen Grossen nach, ist also von seinem kirchlichen Vorzuge ganz abgesehen, so dürfen wir auch um so gewisser schliessen, dass er ihnen in der Stellung zum Reiche nicht gleichstand.

Wenden wir das auf den gegebenen Fall an, so finden wir in Urkunde K. Konrads von 1145 als Zeugen zunächst fünf Bischöfe, weiter den Herzog von Limburg, den Rheinpfalzgrafen, die Grafen von

  1. Würdtwein n. s. 10, 103.
  2. 1112. 22. 50: Quix 18. Günther 1, 195. Hund 3, 236.
  3. Lappenberg 1, 196.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_098.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2018)