Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 007.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

bald von der Unhaltbarkeit dieser Grundlage. Eben so wenig hatte der schon von Gemeiner in seinen Berichtigungen gemachte Versuch Erfolg, von den bezüglichen Lehren der Rechtsbücher auszugehen; es fehlten genügende Anhaltspunkte, um nach ihren allgemeinern Angaben auch bei Annahme ihrer Richtigkeit das Einzelne sicher beurtheilen zu können, es ergaben sich schwer vereinbare Abweichungen beider Spiegel, es erwies sich insbesondere, dass jeder Versuch, nach ihnen schon die Verhältnisse des zwölften Jahrhunderts zu beurtheilen, zu innern Widersprüchen und andern Quellen gegenüber unhaltbaren Ergebnissen führte. So schien es zweckmässiger, den Gang der Forschung auf sie hinzuleiten, als von ihnen auszugehen. Inzwischen aufmerksam geworden auf die Scheidungen der Zeugenreihen in den Kaiserurkunden suchte ich nun unabhängig von der Theorie Kennzeichen des Fürstenstandes aufzustellen, welche eine Prüfung der Stellung der einzelnen Grossen ermöglichten; anfangs gehindert durch das Festhalten an der Ansicht, es dürften sich die Verhältnisse des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts unter ein und dieselbe Regel bringen lassen, bei überall hervortretenden Widersprüchen auf ein genügendes Ergebniss schon fast verzichtend, schienen sich diese endlich zu lösen, als ich einen ältern und einen neuern Fürstenstand zu unterscheiden suchte. Als dann hinreichend festgestellt schien, wer jenem, wer diesem angehörte, versuchte ich weiter gestützt auf das, was mir über die Lehnsverhältnisse der einzelnen Grossen bekannt war, die Sätze der Rechtsbücher mit meinen Ergebnissen in Verbindung zu setzen, nachzuweisen, wie dieselben allerdings im dreizehnten Jahrhunderte im wesentlichen übereinstimmen, wie dagegen im zwölften, nach dessen tatsächlichen Verhältnissen die Theorie sich wohl erst gestaltete, eine solche Uebereinstimmung noch fehlt, wie andererseits im vierzehnten Jahrhunderte die hier massgebenden Anschauungen des Reichslehnrechtes den Thatsachen gegenüber schon veraltet erscheinen. Einzelne fürstliche Rechte und Pflichten hatte ich schon als Kennzeichen des Fürstenstandes herangezogen; auf einige andere wurde ich durch die theoretischen Untersuchungen geführt und schloss mit ihrer nachträglichen Erörterung den ersten Entwurf der Arbeit ab. Fortwährend beschäftigt, das Material zu vervollständigen, zugleich aber auch entschlossen, durch das Streben nach möglichster Vollständigkeit desselben mich vom Abschlusse der Arbeit nicht abhalten zu lassen, begann ich sogleich im Herbste 1856 die Ueberarbeitung nach dem Gesichtspunkte einer Dreiteilung des Stoffes, wonach zuerst die äussern Kennzeichen des Fürstenstandes, dann seine Rechte und Pflichten, endlich die Erfordernisse

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_007.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)