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baierische Pfalzgrafschaft, die Regensburger Burggrafschaft, die ganze Reihe von Grafschaften, welche wegen Mangels an Lehnserben den Herzogen heimfielen, gelangten; das Reichslehnrecht verlangte eine Wiederverleihung, wie sie noch zu Ende des zwölften Jahrhunderts bei der baierischen Landgrafschaft stattgefunden haben muss; dann verstanden die Herzoge ihren Vortheil besser: aus den Lehnsgrafschaften wurden Aemter, an die Stelle des Lehnsgrafen trat der landesherrliche Vitzthum. Und fast könnte es scheinen, als sei in der Bestimmung des Gunstbriefes für die geistlichen Fürsten von 1220, wonach der Kaiser sie im Besitze der ihnen heimfallenden Lehen schützen soll, weiter in der des Gunstbriefes von 1231 für alle Fürsten, wonach diesen ihre Grafschaften und andere Gerichtsbarkeiten, und zwar ledige, wie verliehene, gewährt werden, wenigstens eine Duldung solchen Vorgehens von Seiten der Reichsgewalt ausgesprochen.

Hätte die Krone in derselben Weise vorgehen können, so würde der Vortheil bei den gerade in jener Zeit häufig eintretenden Erledigungen grosser Reichslehen schliesslich auf ihrer Seite gewesen sein; die Fürsten würden ihr nur vorgearbeitet haben. Und am guten Willen fehlte es gewiss nicht. Was K. Heinrich VI. bei der Mark Meissen wirklich versuchte, scheint er in umfassenderer Weise durchzuführen beabsichtigt zu haben; vielleicht ein Hauptgrund des Widerstandes der Fürsten gegen ihn und die Nachfolge seines Hauses. Die Nachfolger waren nicht mehr in der Lage, diesen Weg einzuhalten; nur ausnahmsweise war das hier dem wohlverstandenen Interesse der Fürsten gegenüber statthaft; und seit spätere Könige keine Gewähr mehr hatten für die Nachfolge ihres Sohnes, musste ihnen selbst weniger an einer Einziehung für das Reich liegen. Sehen wir davon ab, dass K. Otto nach Philipps Ermordung Schwaben in seiner Hand behielt, so machte zunächst K. Friedrich II. einen ernstlichen Versuch mit Oesterreich und Steier und zwar wiederholt, nach der Vertreibung Herzog Friedrichs, wie nach seinem Tode. Weiter dürfte es doch auch H. v. D. bekannt sein, dass gerade unter K. Rudolf Oesterreich, Steier und Kärnthen dem Reiche jahrelang ledig waren, ehe sie wieder verliehen wurden, dass

weiter gerade Schwaben, auf welches er hinweist, seit 1268

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)