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Entstehung Böhmen ziemlich allgemein ein Wahlrecht zugesprochen sein dürfte, einfach dem Ssp.; im Lhr. mochte es ihn oder allenfalls schon den Schreiber seiner Vorlage stutzig machen, Böhmen überhaupt nicht erwähnt zu finden; er fügt den Böhmenkönig hinzu, aber, offenbar durch die Bemerkung des Ldr. veranlasst, mit dem Zusatze: ob er ist ein taeutzher man; hier dürfte also der Ausgangspunkt der spätern Anschauung liegen und welchen Werth wir ihr beizulegen haben, dürfte sich aus der Oberflächlichkeit, mit welcher der Dsp. in den den Ssp. wesentlich nur übersetzenden Theilen gearbeitet ist, leicht ergeben. Den Ssp. selbst aber, dessen Verfasser natürlich für die Auffassung, welche man später seiner Bemerkung unterlegte, nicht verantwortlich sein kann, trifft jener zweite Theil der Frage gar nicht, welchen wir daher füglich auf sich beruhen lassen können.

Was aber den ersten Theil betrifft, so bin ich in der Lage, die Frage des H. v. D. dahin beantworten zu können, dass sich für den Böhmenkönig wenigstens triftigere Gründe für eine frühere Bekleidung des Erzamtes finden, als für irgend einen der Laienwähler. Denn:

1. Ganz unbeachtet blieb bisher, so viel ich weiss, die Stelle des Ekkehard zu 1114 (Mon. Germ. 8 , 248) über die Hochzeit des Kaisers: In ipsis enim nuptiis convenerant archiepiscopi 5, episcopi 30, duces 5; de quibus dux Boemiae summus pincerna fuit. Da diese Stelle sich nur in einer einzigen Rezension, welche zudem nur in der einzigen Hs. zu Cambridge erhalten ist, vorfindet, so läge gewiss nichts näher, als der Gedanke an eine Interpolation, wenn wir es nur nicht gerade bei dieser Hs. mit einem Autograph des Verfassers zu thuen hätten. Vgl. Archiv d. Gesellsch. 7, 493.

2. Im Vergleiche damit kann es nun freilich auch wichtiger scheinen, wenn K. Rudolf 1290 dem Böhmenkönige bestätigt, dass das Schenkenamt bereits suis progenitoribus, abavis, atavis, proavis, avis zugestanden habe. Hier wird freilich zuzugeben sein, dass solche Anführungen höchstens beweisen, dass man das 1290 so glaubte, nicht dass wirklich für die ältesten Zeiten

stichhaltige Beweise vorgelegen hätten. Denn der Beweis für

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)