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der eigentliche Erbe der Pfalz war, vereinzelt schon 1222 als Pfalzgraf auftritt, auch in dieser Eigenschaft einen Willebrief ausstellt (Lacomblet 2, 56), die Regierung selbst aber erst 1228 übernimmt, möchte ich für eine genauere Zeitbestimmung doch kaum geltend machen; denn der Vater Ludwig führte von 1214 bis 1228 die Regierung beider Fürstenthümer und selbst noch 1231 auch urkundlich den Titel eines Pfalzgrafen (Mon. Boic. 4, 437); war die Vereinigung unter einem Herrscher hier überhaupt massgebend, so werden die Verhältnisse zwischen Vater und Sohn dem norddeutschen Verfasser vielleicht kaum genau genug bekannt gewesen sein, um schliessen zu lassen, er würde 1228 bis 1231, oder überhaupt vor 1231 schreibend die Pfalz und Baiern genauer unterschieden haben.

Wichtiger und begründeter ist ein anderer Schluss. Seit wahrscheinlich schon 1257, dann 1273 eine besondere Stimme für Baiern angesprochen und insbesondere 1275 ausdrücklich den böhmischen Ansprüchen gegenüber durch einen Reichsspruch anerkannt wurde, konnte mindestens jemand, welcher wie der Verfasser des Ssp. Böhmen nicht zu den Wahlfürsten rechnet, Baiern nicht füglich ungenannt lassen. Beim Swsp. tritt das wirklich ein, indem er Baiern die siebte Kur und das Schenkenamt zugesteht. Denn wenn H. v. D. S. 87 darin eine Interpolation sehen will, so ergeben die besten Hss. die Ursprünglichkeit der Nennung von Baiern; vgl. Phillips 151. und was ich Dsp. S. 125 (241) über eine anscheinend ursprünglichere Angabe über die Reichsvikare in einer Innsbrucker Hs. bemerkt habe. Den Versuch aber des H. v. D. S. 85, die Unechtheit der Urkunde von 1275 nachzuweisen, darf ich wohl um so eher auf sich beruhen lassen, als die Sache seitdem durch die Bemerkung bei Phillips. 186 und durch den neuen Abdruck in den Quellen u. Erört. 5, 278 eine andere Grundlage gewonnen hat. Wird bei dieser Gelegenheit u. a. bemerkt, dass der Ausdruck Barones schwerlich in einer Kaiserurkunde des dreizehnten Jahrhunderts anzutreffen sei, während er doch schon in denen des zwölften, zwar nicht so häufig, als in denen des dreizehnten, aber doch nicht gerade selten vorkommt, so hebe ich das nur als Beleg

dafür hervor, wie wenig die gewöhnlichen Hülfsmittel für das

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_121.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)