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c.

Entspricht demnach die Zahl des Ssp. der zweiten, nicht der dritten Entwicklungsstufe, so dürfte sich bezüglich der dort genannten Personen der ersten Wähler dasselbe ergeben. Von diesen können wir den Vorzug von Mainz, Köln, Trier und Pfalz in noch frühere Zeiten verfolgen; Sachsen und Brandenburg treten allerdings in andern Zeugnissen erst 1252 bestimmt hervor und der Vorzug Brandenburgs dürfte einen der unerklärlichsten Umstände in der Entwicklung der Wahlverfassung bilden, zumal sein Zurücktreten unter den Wählern Philipps nicht dafür zu sprechen scheint, dass ihm schon 1198 ein Vorzug zustand; aber er wird nicht erklärlicher, wenn wir ihn nicht schon um 1230 bestehend, sondern erst später entstanden denken, und kann demnach unserer Zeitbestimmung nicht im Wege stehen.

Auffallen kann es, dass Baiern nicht genannt ist. Dass dem Herzoge von Baiern eine bevorzugte Stimme bei der Wahl schon früher zustand, sollte doch von vornherein anzunehmen sein; ein unzweifelhaftes Zeugniss haben wir dafür freilich nicht, da sich die bekannte Stelle in einem Briefe des Albert Beham, wonach 1239 Herzog Otto sich zu Gunsten des Papstes bereit erklärte: utrique voci renuntiare, videlicet palatii et ducatus et dare super hoc ecclesiae pro me et haeredibus publicum instrumentum, immerhin auf eine auch jedem andern Fürsten für jedes Fürstenthum zustehende Stimme beziehen könnte; schwerlich würden aber doch die beiden Stimmen so stark betont sein, hätte nicht auch die baierische zu den bevorzugten gehört; die später erhobenen Ansprüche dürften das noch wahrscheinlicher machen. Ist das richtig, so würde sich nach der Zeit fragen lassen, in welcher eine nächste Veranlassung vorlag, Baiern nicht zu nennen. Auf die Vereinigung Baierns mit Sachsen bis 1180 dürfte sich nicht füglich zurückgreifen lassen. Dagegen ist noch zuletzt insbesondere von Phillips a. a. O. 119 auf die Vereinigung der Pfalz mit Baiern unter dem Hause Wittelsbach hingewiesen und es dürfte sich daraus ein Schluss auf Entstehung des Ssp. nach 1214 ziehen lassen. Den Umstand aber, dass Otto

der Erlauchte, welcher erst 1231 dem Vater in Baiern folgte,

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_120.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)