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selber unmittelbar nahe gelegt. Die Wiederholung der gleichen Vorgänge ist nur auf den ersten Blick auffallend; sie erklärt sich daraus, daß wir es in der Geschichte der Richter mit der Erziehung Israels zu thun haben; übrigens verteilen sich die erzählten Ereignisse auf die verschiedensten Teile Israels.

 Die Richterzeit war nicht bloß von mancherlei Druck heimgesucht, sie hat auch von herzerhebendem Aufschwung zu berichten; es ist eine aufstrebende Zeit, vgl. c. 3, 2; sie ist das Jünglingsalter Israels, die Zeit kraftvoller, heldenhafter Persönlichkeiten; sie hat daher manches mit dem Heroenzeitalter andrer Völker gemein. Doch ist das nur ihre eine Seite. Es herrschte anderseits doch viel religiöse und politische Zerfahrenheit. Insofern in dem Buch dieser Mangel offenbar wird (besonders in den Anhängen), ist es zugleich ein Hinweis auf den Segen des Königtums. Vgl. c. 17, 6. 18, 1. 19, 1. 21, 25. – Von übelwollender Kritik wird besonders die Geschichte Gideons in Anspruch genommen. Die Erzählung von c. 8, 4 etc. gehe von andern Voraussetzungen aus, als die vorhergehende. c. 7, 23 habe Gideon ein großes Heer zusammen, c. 8, 4 bloß 300. – Aber auch c. 8, 1–3 hat er nicht mehr; im andern Fall hätten die Ephraimiten bescheidener mit ihm geredet und Gideon hätte nicht begütigend antworten müssen: Eure Nachlese ist besser als meine Ernte. Übrigens brachte ihm die eigene Nachlese keinen geringeren Gewinn (vgl. c. 8, 12). Weiter sagt man: In dem einen Bericht erscheine Gideon als von Gott berufen zum Rächer Israels; in dem andern erscheine er in eigenem Interesse handelnd und den Pflichten der Blutrache genügend. Allein gerade der betreffende Vers c. 8, 19 zeigt, daß Gideon noch aus andern Gründen ihnen nachgejagt hat. Der Sieger kann von Möglichkeit einer Schonung reden, nicht der Bluträcher. Er redet auch mit den Leuten von Suchoth und Pnuel nicht als Privatperson, sondern in allgemeiner obrigkeitlicher Autorität.

 4. Inhaltsübersicht.

 I. Einleitung c. 1, 1–3, 6.

 Israel macht nach Josuas Tod einen guten Anfang mit der Ausrottung der Kananiter, erlahmt aber bald und muß durch den Engel des HErrn in Bochim dafür gerügt und vor der Verführung durch die Kananiter gewarnt