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und aller Sittlichkeit; Gott schließt mit ihnen seinen Bund und gibt ihm sein Gesetz. Damit ist die seit dem Sündenfall eingetretene Scheidung zwischen Gott und Menschen aufgehoben. Gott will unter seinem Volk wohnen, von ihm sich priesterlich dienen lassen und es segnen. Unter schreckenden Zeichen ist Gott seinem Volk erschienen, aber im Vordergrund seines Wesens steht doch die Barmherzigkeit, Gnade und Treue. – Die Einwohnung Gottes in seinem Volk ist die Vollendung seiner Gnadenthaten. Da begreift sich die Ausführlichkeit, mit der von der Wohnung Gottes und ihrer Herstellung gehandelt wird, liegt doch in der Einwohnung Gottes alles Glück und alle Herrlichkeit Israels beschlossen. – Exodus ist das Dokument seines Bundesverhältnisses zu Gott.

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 Levitikus zeigt in seinem ersten Teil, wie dem unter seinem Volke wohnenden Gott durch Opfer gedient werden soll. Das Opfer ist das alttestamentliche Gnadenmittel. In einem weiteren Teil aber lehrt dies Buch, wie sich Israel in seinem Leben verhalten soll. Der heilige Gott will unter einem heiligen Volk wohnen. Das große Wort: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ entstammt dem Levitikus. Einen großen Umfang nehmen ein die Verordnungen über Bewahrung vor äußerer leiblicher Verunreinigung und Beseitigung vorhandener Unreinheit. Dieser Abschnitt mutet fremdartig an, aber wir müssen bedenken, daß wir hier auf dem Boden der vorchristlichen Zeit, der Vorbereitungszeit auf das Evangelium stehen. Für das neue Testament haben jene Bestimmungen ihre Bedeutung verloren Gal. 4, 8–11, Kol. 2, 16. Von größter Wichtigkeit aber waren sie in der Zeit der Erziehung auf das Evangelium. Sie waren das stärkste Zeugnis über den verderbten Zustand der menschlichen Natur und schließen sich unmittelbar an Gen. 3 an. – Diese Bestimmungen und Gesetze sind übrigens nicht Israels alleiniges Eigentum, sondern finden sich als ein aus der Urzeit herkommender gemeinsamer Besitz noch heute bei allen nichtchristlichen Völkern, wie einst bei denen des Altertums, ebensowohl wie das Gottesbewußtsein und eine, wenn auch nur stückweise Erkenntnis der zehn Gebote. Alter Besitz scheint aufgefrischt, gereinigt und vervollständigt. Während aber bei anderen Völkern Religion und Moral auseinanderfällt und die Volksanschauung meint, mit äußerem Dienst der Gottheit Genüge thun