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gefeiert und konnte die Forderung Moses nicht als eine Neuerung erscheinen. Mit einem Fest, das gefeiert werden sollte, wurde freilich die Forderung des Auszugs begründet, aber dieses Fest war nichts Hergebrachtes, sondern etwas Neues; es war auch nicht das Passah; denn dieses wurde ja in Ägypten selber gehalten. Die Erstgeburt der Ägypter aber wurde geschlagen, nicht weil Jehovah von den Ägyptern die ihm gebührenden Erstgeburtsopfer vorenthalten wurden – wurde ja doch auch die Erstgeburt unter dem Vieh Ägyptens geschlagen – sondern weil sie Israel, den erstgeborenen Sohn Gottes, nicht ziehen lassen wollten. Vgl. Ex. 19, 5 und 6; Amos 3, 2; Hos. 11, 1 etc. und Exod. 4, 22.

 Der geschichtliche Charakter des Passahfestes wird auch bestätigt durch den Charakter des Festes der süßen Brote. Zwar W. sucht auch dieses zu einem Jahreszeitenfest zu machen, nämlich zum Fest des Anhiebs der Sichel in die Saat, aber vergeblich. Denn Exod. 34, welche Stelle er hier gelten läßt, während er sie beim Passah verdächtig fand, wird dies deutlich als geschichtliches Fest von den beiden Erntefesten unterschieden. Deut. 6, 9 wird das Fest der Getreideernte nicht berechnet, wie W. unterlegt, vom Fest der süßen Brote aus, sondern vom Tag, wenn man anfängt mit der Sichel in der Saat. Letzterer Akt fällt zwar nach Lev. 23, 9–22 – denn hier erkennt W. im Widerspruch mit seinem sonstigen Verfahren den Priesterkodex als glaubwürdige Quelle an – in die Festwoche des Mazzothfestes, aber nicht auf den Festtag selber, noch auf seine Oktave. Auch wird ja in der ganzen Welt nicht der Anfang der Ernte zu einem Fest gemacht, sondern der Abschluß. Was also gefeiert wird, kann nicht der Anfang der Ernte sein, und mit süßen Broten oder wie W. meint, aus dem neuen Getreide gebackenen Notbroten kann derselbe erst recht nicht gefeiert werden. Denn erstens kommt es doch nur bei kleinen Leuten vor, daß der Mehlvorrat bis zum Termin der Ernte aufgezehrt ist; zweitens darf ja am Tag der süßen Brote selber noch gar nicht vom neuen Getreide gegessen werden. So bleibt es dabei, daß das Fest der süßen Brote an den Auszug aus Ägypten erinnern soll, ebenso wie das Passah.

 Im allgemeinen steht nach W. der Priesterkodex auf der vom Deuteronomium geschaffenen Grundlage; W. findet aber in ihm auch Differenzen von jenem. So wird eine Hauptdifferenz konstruiert zwischen Deuteronomium und Priesterkodex in Bezug auf das Verhältnis der Priester und Leviten zu einander. Ersteres stelle die beiden Bezeichnungen Priester und Levit einander gleich; sie bezeichnen dasselbe z. B. c. 17, 9. 18 etc. Ezechiel c. 44, 9 etc. degradiere die Leviten zu Gehilfen der Söhne Zadok, welches ihm die eigentlichen Priester seien; der Priesterkodex stelle diesen Unterschied als von jeher bestehend dar. – Indes das Deut. gebraucht die genannten Bezeichnungen nicht für gleichbedeutend, wie man aus dem Fehlen des Artikels in c. 21, 5 sieht; es will vielmehr durch den Zusatz „Söhne Levi’s“ die betreffenden „Amtsträger“ (denn dies dürfte der ursprüngliche Sinn des dort gebrauchten, gewöhnlich mit „Priester“ übersetzten Wortes sein) als die für den Kultus bestimmten unterscheiden