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des Raumes bringen, in dem der Gnadenstuhl sich befand, heißt ihn recht eigentlich vom Rauchaltar an diesem Tag Umgang nehmen. Im übrigen wird der Rauchaltar ja nicht bloß Exod. 30, sondern auch in der Opferthora Lev. 4 ausdrücklich erwähnt und Exod. 30, 10 steht nicht im Gegensatz zu Lev. 16, sondern stimmt mit letzterem zusammen und ergänzt es. – Warum wird der Rauchaltar aber nicht Exod. 25–29 erwähnt, erst c. 30? Diese Frage könnte aufgeworfen werden, wenn seine Erwähnung c. 30 an einem ungeschickten Platz stünde; dies ist jedoch nicht der Fall. Nachdem am Schluß des c. 29 von der Weihe des Brandopferaltars und dem täglichen Dienst an demselben gehandelt worden ist, schließt sich ganz natürlich daran der Rauchaltar und der Dienst, den der Priester an diesem zu vollbringen hat.

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 Ein besonders günstiges Vorurteil für den geschichtlichen Wert des Priesterkodex enthält der Umstand, daß gerade er das Gesetz des für die Geschichte Israels so wichtigen Passahfestes enthält. W. sucht den geschichtlichen Charakter des Passah zu bestreiten: Dasselbe erkläre sich auch ohne geschichtliche Grundlage, sei ein Frühlingsfest, an dem die Erstlinge des Viehes der Gottheit geopfert wurden als Dank für den Segen der Viehzucht. Die geschichtliche Motivierung sei erst vom Deuteronomium vollzogen; der Name Passah komme eigentlich erst im Deuteronomium vor; die jehov. Gesetzgebung könne nach c. 22, 29, 30 dieses Fest gar nicht gekannt haben. Exod. 34, 25 sei wegen 23, 18 nicht für ursprünglich zu halten. – Was W. mit der letzteren Behauptung will, ist unerfindlich; denn die zwei Stellen handeln von zwei ganz verschiedenen Dingen. Ex. 23 redet von den an den Festen Gott dargebrachten Opfern, speziell von den Dankopfern, wovon die Fettteile auf den Altar kamen. Analog der Verordnung Lev. 7, 25 wird bestimmt, daß die Darbringung am selben Tage geschehen soll. Letzteres kam nun beim Passahlamm gar nicht in Frage, indem hiebei – im Gegensatz zu allen anderen Opfern – das ganze Tier gebraten werden sollte, und nur das Blut Opferverwendung fand. Also bleibt Ex. 34, 25 in seinem geschichtlichem Wert; also kennt auch die jehov. Gesetzgebung das Passah. Desgleichen stört auch Ex. 22, 29 u. s. w. die Feier des Passah nicht, da am Passah nicht die Erstgeburten geopfert wurden, sondern nur ein einjähriges Lamm, wenn man nämlich Passah im eigentlichen Sinn nimmt. Freilich gegen die Anschauung W.’s, Passah sei ursprünglich das Frühlingsfest der Opfer der Erstlinge gewesen, legt Ex. 22, 29, 30 ein nicht aus dem Wege zu räumendes Veto ein, sintemal die Frühlingslämmer nicht alle gerade 7 Tage vor dem Fest dürften zur Welt gekommen sein. Somit werden wir sagen dürfen: dem Bundesbuch ist das genannte Frühlingsopferfest W.s nicht bekannt gewesen. Wenn nun dies Fest in der jehov. Periode gar nicht vorhanden war, wie konnte denn das Deuteronomium einem Nichtseienden eine geschichtliche Grundlage geben? – Ein Frühjahrsopferfest, in dem regelmäßigen Verlauf der Jahreszeiten begründet (Proleg. p. 91) könnte Israel ja gehabt haben. Nur ist bei dieser Annahme der Auszug aus Ägypten unmöglich; denn dann hat es ja dies Fest, sei es in Ägypten, sei es außerhalb, immer