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sollen die Gläubigen Gottes Langmut erkennen (1–9). Die Aussicht auf das Weltende und die hinter ihm zu erwartende Welterneuerung muß für die Christen ein kräftiger Sporn zur Heiligung werden (10–13). Zum Schluß verweist der Apostel die Leser auf die Briefe des Apostels Paulus und bekundet – gegenüber vorhandenen Mißdeutungen der paulinischen Lehre (vom Weltende?) seine volle Übereinstimmung mit demselben (14–16), worauf er mit einer Mahnung zum Beharren und Wachstum in der rechten Erkenntnis Christi schließt (17–18).


§ 96.
3. Der Brief des Judas.

 1. Der Verfasser unseres Briefes, Judas, nennt sich V. 1 einen Bruder des Jakobus, unter welch letzterem, da er doch ein sehr bekannter Mann gewesen sein muß (vgl. § 93, 1), niemand als der gefeierte Vorsteher der Gemeinde in Jerusalem, also Jakobus der Gerechte, der Bruder des HErrn, verstanden werden kann. – So wenig wie sein Bruder Jakobus bezeichnet sich Judas als einen Apostel des HErrn. Daraus folgt nicht, daß er es auch nicht gewesen sei. Im Gegenteil, wenn (s. § 93) Jakobus, der Bruder des HErrn, zu den Aposteln zu zählen ist, so gewiß auch sein leiblicher Bruder Judas. Die Echtheit unseres Briefes war im Abendland (Can. Mur., Tertullian) und einem Teil des Morgenlandes (Clemens, Origenes) seit alter Zeit anerkannt, nur die Peschîttho hat diesen Brief nicht aufgenommen. Eusebius rechnet ihn unter die Antilegomena, bemerkt aber, daß er in sehr vielen Gemeinden in öffentlichem Gebrauche sei.

 2. Der Anlaß zu dem Brief des Judas ist (vgl. 3–4) derselbe, welcher den Petrus zu seinem zweiten Sendschreiben trieb. Es sind deshalb auch dieselben Leser, an welche der zweite Brief des Petrus und an welche der Brief des Judas gerichtet ist. Das Auftreten jener Irrlehrer, welches Petrus als noch zukünftig geweissagt hatte, war inzwischen Thatsache geworden und hatte bereits seine schrecklichen Früchte hervorgebracht. Die Schilderung derselben läßt an die Apok. 2, 2. 14 erwähnten Nikolaiten denken, die aus ihrem angeblich höheren Wissen um die böse Geisterwelt (Apok. 2, 24) die Berechtigung zu einem über alle sittlichen Ordnungen sich hinwegsetzenden Lasterleben ableiteten.

 3. Die Abfassungszeit anlangend, so lehrt die Vergleichung