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beweisen, und mit ihren geistlichen Gaben einander dienen (8–11), das Leiden, das sie um ihres Christenstandes willen trifft, freudig tragen (12–19). Sodann ermahnt der Apostel die Ältesten zu richtiger Amtsverwaltung (5, 1–4), die Jüngeren zur Unterordnung unter die Älteren (5), alle zur Demut unter einander (5–6), zur demütigen und vertrauensvollen Beugung unter Gott, zum glaubensfesten Widerstand gegen den Teufel, und schließt mit dem Segenswunsch, daß der Gott, der sie berufen hat zu seiner Herrlichkeit, sie im Leiden vollbereiten möge (7–10). In diesem abschließenden Worte liegt die Summe des Briefes. – Mit einem Lobpreis Gottes und mit Grüßen schließt das Send[s]chreiben (11–14).


II.

 1. Die Veranlassung zu dem zweiten Brief bot eine Erscheinung, auf welche schon Paulus in den Pastoralbriefen aufmerksam gemacht hatte, das Auftreten von Irrlehrern, die unter dem Vorwande höherer Erkenntnis Fleischesfreiheit predigten und mit anderen Heilsthatsachen auch die Wiederkunft des HErrn und das damit beginnende Weltgericht leugneten. Allerdings kann Petrus nur die Anfänge dieser verderblichen Entwickelung erlebt haben, da er das ungescheute Auftreten der antinomistischen Gnosis erst für die (wiewohl nahe) Zukunft vorhersagt, aber im Bewußtsein seines nahen Todes hielt er es für Pflicht, der Kirche ein schriftliches Wort der Warnung vor diesen grundstürzenden Irrtümern zu hinterlassen. Dies der Zweck dieses Briefes, der sich c. 3, 2 selber als zweite Epistel des Verfassers bezeichnet. Die Verschiedenheit, welche dieser zweite Petribrief nach Form und Inhalt im Verhältnis zum sogenannten ersten Brief zeigt, hat an einen andern Leserkreis als den des ersten Briefes denken lassen, an einen judenchristlichen. Diese Anschauung stützt sich besonders auf c. 1, 16: hier fasse sich der Apostel der Beschneidung mit den Aposteln der Leser (c. 3, 2) zusammen; wir befänden uns also hier auf dem Gebiet der Judenchristenheit, im Gegensatz zu dem Gebiet, auf welchem St. Paulus thätig war. Allein wenn 1, 16 ff. den Apostel Paulus und seine Gefährten ausschließt, so schließt dieselbe Stelle gewiß auch die Apostel der Leser (c. 3, 2: eure Apostel) aus; denn für jenen Vorgang auf dem Berg Tabor gab es nur drei Augenzeugen, von denen Jakobus major sehr früh den Märtyrertod gestorben war. Der Ausdruck „wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen“ soll wohl nur besagen, daß die apostolische Verkündigung