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Judas und einer von Jakobus. Diese sieben Briefe faßte man seit Eusebius in eine Abteilung zusammen und nannte sie die katholischen Briefe im Unterschiede von den Briefen des Paulus, die auch eine Abteilung ausmachten und kurzweg der „Apostel“ hießen. Der Sinn dieser Benennung ist nicht ganz klar, doch dürfte folgendes festzustellen sein. Ursprünglich war ein katholischer Brief so viel als ein encyklischer, d. i. ein Brief, der nicht an eine einzelne Gemeinde, sondern an eine Gesamtheit von Gemeinden gerichtet war. So braucht Klemens von Alexandrien die Benennung von dem Schreiben der Apostel (Akt. 15, 23–29). Dann nennt Dionysius von Alexandrien den ersten Brief des Johannes, und Origenes den ersten Brief des Petrus in demselben Sinne katholisch. Später wurde dann der Name auch auf den zweiten und dritten Brief des Johannes und den zweiten Brief des Petrus, ebenso und zwar mit Recht auf den Brief des Judas und Jakobus übertragen, und man stellte, wie bereits gesagt, diese sieben Briefe unter dem Namen „katholische Briefe“ zu einem selbständigen Ganzen im neutestamentlichen Kanon zusammen. So ausdrücklich Ökumenius.

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 Daß der Name „katholisch“ auch im Sinne von „allgemein anerkannt“ oder „kanonisch“ gebraucht wurde, ist unzweifelhaft, aber in diesem Sinne wendete man das Wort erst später auf unsere sieben Briefe an, als auch die bezweifelten unter ihnen in den Kanon aufgenommen waren und von den außerkanonischen unterschieden wurden. Diese katholischen Briefe waren ja, wie wir schon wissen, mit Ausnahme des ersten Briefs des Petrus und des ersten Briefs des Johannes, lange Zeit weniger allgemein bekannt und anerkannt, als die Briefe des Paulus. Ein Grund liegt gerade in ihrer Katholizität. Da sie nicht für eine, sondern für viele Gemeinden bestimmt waren, so hatten sie keine sedes, d. i. es war keine einzelne Gemeinde, welche den Brief den ihren nannte, über seine Erhaltung wachte und für seinen apostolischen Ursprung eintrat, wie dies bei den Briefen des Paulus der Fall war, – was dann alles um so bedenklicher war, da die bezweifelten Briefe selbst gar nicht oder nicht deutlich ihre Verfasser zu erkennen gaben. Nachdem sie nun allgemein anerkannt waren, nannte man sie auch als allgemein anerkannte oder kanonische Briefe katholisch. Dem ursprünglichen