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Moses vollendet hatte zu schreiben die Worte dieses Gesetzes auf ein Buch bis zu ihrer Fülle.) Es dürfte hierin auch eine Hinweisung darauf liegen, daß es sich um eine umfangreiche Arbeit handelte. Wenn es sich bloß um das 5. Buch Moses gehandelt hätte, könnte man dies weniger sagen, wohl aber begreift sich der Ausdruck, wenn es die sämtlichen 5 Bücher waren.

 Daß dies der wirkliche Sachverhalt ist, ergibt sich aus der Vergleichung des Deuteronomiums mit der vorhergehenden Gesetzgebung. Denn wie das Deuteronomium einerseits erklärt und ergänzt, so setzt es andererseits in seinen Ergänzungen auch eine frühere Gesetzgebung voraus. Denken wir z. B. an die Verordnung in Betreff des Passahfestes. Wenn nicht mehr darüber bekannt war, als was Deut. 16, 1–8 steht, so war ja nicht einmal der Tag des Festes bekannt, geschweige daß von der Vorbedingung der Teilnahme an der Feier geredet wäre. – Ein so grundlegender Brauch, wie die Beschneidung hätte gar keine gesetzliche Begründung gehabt, wenn bloß das Deuteronomium schriftlich vorgelegen hätte.

 Nach allem Vorstehenden werden wir also annehmen dürfen, daß die gesamte Gesetzgebung von der Hand Moses geschrieben vorlag. Was wir besitzen, ist jedoch nicht die Urschrift Moses, sondern es sind seine Schriften aufgenommen und hineingearbeitet in das Geschichtswerk, das in Josua, Richter, Samuelis etc. sich fortsetzt. Der 1. Abschnitt jenes Werkes d. h. eben der Pentateuch kann deswegen doch als das Gesetzbuch Moses bezeichnet werden. Dies ist das Gesetzbuch Gottes, in welches Josua c. 24, 26 schrieb, was er am Ende seines Lebens mit Israel verhandelte; beides nach dem Vorbild seines Meisters; denn Josua kannte mehr als bloß Deuteronomium (vergl. oben 1. Absatz). Das ganze Gesetz ist es, was die Könige sich sollten abschreiben lassen, denn wie konnten sie in ihrer Rechtsprechung z. B. Ex. c. 21–22 entbehren? Nicht dies „andere“ Gesetz nämlich sollten sie sich abschreiben lassen, Deut. 17, 18, sondern eine „Abschrift“ dieses d. h. des pentateuch. Gesetzes. Nach dem ganzen Gesetz wurde von Josia 2 Kge. 23, 21–23 das Passah gehalten, wie es das ganze Gesetzbuch war, das bei der Restauration des Tempels gefunden wurde. Das ganze Gesetz war es, aus dem am Laubhüttenfest von den Heimgekehrten unter Esra und Nehemia (Neh. c. 8) gelesen wurde.

 Der 2. Satz der modernen Kritik lautet: Die 5 Bücher Moses sind kein einheitliches Werk. Die moderne Kritik erklärt den Pentateuch für ein Werk, welches mindestens aus 4 Quellenschriften zusammengesetzt ist, von denen jede durch sprachliche Eigentümlichkeiten sich deutlich von der andern unterscheide.

 Zum erstenmale wurde dies nicht bloß ausgesprochen, sondern auch der Versuch einer eingehenderen Begründung dieser Behauptung gemacht durch J. Astruc, Arzt und Professor der Medizin in Paris, geb. 1684, † 1766. Es fiel ihm auf, daß in gewissen Abschnitten der Genesis Elohim als Gottesname ausschließlich oder vorwiegend gebraucht werde (c. 1. 5. 7–9 17. 23), in den anderen gleicherweise Jehova (Jahve). Er schloß daraus auf verschiedene Urkunden. –