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die erste, schrieb er den zweiten Brief an Timotheus, worin er diesen bittet, bald zu ihm zu kommen, da er, den einzigen Lukas ausgenommen, von allen verlassen sei (2 Tim. 4, 9 ff. 21). Es war der letzte Brief des Apostels, und Paulus gibt sich keiner Täuschung über den Ausgang seiner Gefangenschaft hin. Die Zeit seines Todes wird ins Jahr 67 zu setzen sein.

 Somit würden denn die letzten Briefe des Paulus so sich ordnen, daß, von dem an die Hebräer abgesehen, erst der an Titus, dann der erste an Timotheus im Jahre 64 geschrieben wurde, und zuletzt der zweite an Timotheus in der zweiten Gefangenschaft (66) die ganze Reihe schloß.


§ 88.
1. Der Brief an die Hebräer.

 1. Wie wir schon oben sahen, gehört der Hebräerbrief zu den Antilegomenen, d. h. zu jenen Briefen, deren apostolischer Ursprung nicht allen Gemeinden von Anfang an in gleicher Weise feststand. In Rom kannte man den Brief gegen Ende des ersten Jahrhunderts, denn Clemens Romanus hat ihn benützt. Aber derselbe bezeichnet ihn nicht näher, so daß wir aus seinem Citat kein Urteil darüber gewinnen, wer in Rom für den Verfasser des Hebräerbriefs gegolten habe. Vom Ende des ersten Jahrhunderts an herrscht dann im Abendland fast gänzliches Schweigen über diesen Brief; nur Tertullian beruft sich auf ihn, aber er schreibt ihn dem Barnabas zu. – Anders im Morgenlande. Hier finden wir unsere Schrift unter dem Namen „Brief an die Hebräer“ und als eine Schrift des Paulus anerkannt bei Pantänus, Clemens Alexandrinus, Origenes, – und zwar beruft sich letzterer auf die Überlieferung. Aber die Verschiedenheit der Sprache brachte schon diese Kirchenlehrer auf die Vermutung, daß zwar die Gedanken von Paulus, ihre Darstellung aber von einem seiner Schüler, von Lukas oder Clemens herrühre. Das bis auf diesen Tag zutreffendste über dieses schwierige Problem hat ohne Zweifel Origenes gesagt, wenn er (Euseb. 6, 26) das Griechisch des Briefes für ein reineres erklärt, als es bei Paulus sich finde und die Eigenart seines Ausdrucks in demselben vermißt, die Gedanken dagegen bewundernswert und eines Apostels würdig findet, die Frage nach dem Verf. aber, obwohl ihm die Überlieferung,