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(Eph. 4, 22 ff. mit Kol. 3, 9 ff. etc.) Die Verwandtschaft beider Briefe erklärt sich aus der Gleichzeitigkeit ihrer Abfassung (derselbe Tychikus hat beide Briefe zu überbringen (vgl. Eph. 6, 21 mit Kol. 4, 7)), wohl auch aus der Gleichartigkeit der Umstände und Bedürfnisse der Leser. Unter diesen Umständen ist die Frage nach der Priorität des einen oder anderen der beiden Briefe unerheblich, wenn man es auch wahrscheinlich finden mag, daß der Epheserbrief der früher geschriebene ist. Trotz dieser Verwandtschaft ist aber doch der Kolosserbrief nicht etwa nur dürftiger Auszug aus dem Epheserbrief; er behält neben demselben seine eigenartige Bedeutung. Abgesehen von der Polemik gegen die die kolossische Gemeinde bedrohenden Irrlehren ist ihm z. B. die Ausführung über Christi allumfassende Mittlerstellung und sonst manches eigentümlich. Viel reicher ist der eigentümliche Inhalt des Epheserbriefes, der gegenüber der knappen, gedrängten Fassung des Kolosserbriefes auch einen größeren Fluß der Rede, und, sonderlich im 1. Teil, eine feierlich gehobene Stimmung des Apostels zeigt. Sie gilt der anbetenden Bewunderung des nun offenbar gewordenen „Geheimnisses Gottes“, des göttlichen Gedankens der Einen, heiligen, aus Juden und Heiden sich bauenden Kirche, an dessen Verwirklichung Paulus durch sein Amt als Heidenapostel so großen Anteil hat. Wir haben hier in Kürze die Lehre von der Kirche. Darin liegt die besondere Bedeutung des Epheserbriefes.

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 Gegen die Behauptung, der Epheserbrief sei auf Grund des Kolosserbriefs von einem Späteren erdichtet, spricht die Kongenialität und geistige Ebenbürtigkeit, welche sein Verfasser im Verhältnis zu dem des Kolosserbriefes zeigt, wie dieselbe aus der Betrachtung paralleler Gedankengänge in beiden Briefen z. B. der Ausführung über den Gewinn, den die Leser mit der Versetzung aus ihrem früheren Stand in die Gemeinschaft Christi überkommen haben, hervorgeht. Den einzelnen christlichen Gemeinden es zum Bewußtsein zu bringen, daß sie zu der einen großen Gemeinschaft der Kirche Gottes gehörten, lag nahe in einer Zeit, da an die von den Aposteln bisher zusammengehaltenen Einzelgemeinden die Forderung heranzutreten begann, jenes Band der Einigkeit durch das eigene bewußte Zusammenhalten zu ersetzen; solcher Art war die Zeit, aus der der Epheserbrief stammt. Im übrigen will der Apostel seine heidenchristlichen Leser