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den ältesten Handschriften. Dazu kommt, daß unser Brief im Altertum unter dem Namen Brief an die Laodicener vorkommt. Endlich enthält der sog. Epheserbrief gar keine Beziehungen auf die dem Apostel so nahe stehende ephesinische Gemeinde, keine Bezugnahme auf spezielle Gemeindezustände, keine Grüße an einzelne Glieder, keine Mitteilungen über des Apostels persönliches Ergehen (außer der Andeutung in 3, 1 und 4, 1), hinsichtlich deren auf die sie allerdings ersetzenden mündlichen Nachrichten des Tychikus verwiesen wird (6, 21); er ist vielmehr so allgemeinen Inhalts, daß er für alle heidenchristlichen Gemeinden geschrieben sein könnte, übrigens – was entscheidend sein dürfte – setzt er selber Leser voraus, die den Apostel nicht persönlich kennen, und die der Apostel nicht persönlich kennt; der Apostel und die Leser haben beiderseits nur gehört von einander (c. 1, 15; 3, 2–4). Der sich ganz im allgemeinen haltende Charakter des Briefes erklärt sich am einfachsten aus der Annahme (die an Kol. 4, 16 einen starken Halt hat), daß er nicht an eine bestimmte Gemeinde gerichtet, sondern ein Zirkularschreiben an jenen Teil der vorderkleinasiatischen Christenheit war, dem der Apostel persönlich unbekannt geblieben war, während er andrerseits doch von den Wirkungen seiner in Ephesus entfalteten Thätigkeit erreicht wurde (Akt. 19, 10). – Wenn der Brief, wie wahrscheinlich, zuletzt nach der Metropole Ephesus kam und dort aufbewahrt wurde, so ist damit erklärt, warum und mit welchem Recht er in späteren Handschriften unter der Überschrift: „Brief an die Epheser“ figuriert. Für die gegnerische Annahme gewisser moderner Kritiker: Der Epheserbrief sei eine spätere Erdichtung – bildet der Umstand, daß der unter dieser Benennung bereits von Ignatius gekannte Brief in seinem Text für jene Benennung einen Anhalt schlechterdings nicht bietet, eine unlösbare Schwierigkeit; es hätte ja infolge dieses ihm anhaftenden Mangels die Gemeinde seines Entstehungsortes für seinen apostolischen Ursprung eintreten müssen, wenn er weitere kirchliche Anerkennung finden sollte. In diesem Fall würde er nach dieser Gemeinde benannt worden sein.

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 2. Mit dem Epheserbrief berührt sich vielfach in Gedanken und Ausdruck der Kolosserbrief. (Vgl. Eph. 1, 10 mit Kol. 1, 20; Eph. 2, 5 mit Kol. 2, 13; Eph. 3, 1–10 mit Kol. 1, 25-27;