Ferdinand Wilhelm Weber, Martin Deinzer, Johannes Deinzer: Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften | |
|
der drei Momente und nur bei entsprechender Verbindung derselben ist auf ein wahres Verständnis der N. T.lichen Schriften zu hoffen.
Der Auslegung des N. Testaments kam es zu statten, daß die griechische Sprache viel mehr Gemeingut war und wurde, als die hebräische. Besondere Förderung gewann die N. T.liche Auslegung seit dem Aufschwung des Studiums der klassischen Sprachen im 15. Jahrhundert. Von diesem Studium floß auch der Reformation reicher Segen zu. Luther und Melanchthon bieten auf Grund der erneuerten Sprachkenntnis und der gereinigten Glaubenserkenntnis ein neues Verständnis des N. Testaments dar. Zwar hinderte später der Dogmatismus und noch später der Rationalismus, daß dieses Verständnis sich stetig fortentwickeln konnte, aber mit der Rückkehr zum Glauben der Väter ist auch ihre Auslegung wieder zu Ehren gekommen, und da der sprachliche und historische Sinn der neueren Zeit auch auf die kirchlichen Ausleger seinen Einfluß übt, so darf man sagen, daß das Verständnis der N. T.lichen Schriften ein immer zunehmendes ist.
Allgemeines.
1. Mit dem Worte „Evangelium“ bezeichnet das N. Testament die Verkündigung JEsu und seiner Apostel vom Reiche Gottes. Diese Verkündigung oder frohe Botschaft ist, wie wir oben sahen, der Grund, auf welchem die Kirche JEsu Christi erbaut ist. Sie ist erst mündlich erfolgt, dann unter der Leitung des heil. Geistes durch Apostel oder deren Gehilfen schriftlich aufgezeichnet worden. In dieser Form eines schriftlichen Denkmals haben wir sie in unserem
Ferdinand Wilhelm Weber, Martin Deinzer, Johannes Deinzer: Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften. C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, Oskar Beck, München 1902, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ferdinand_Wilhelm_Weber_-_Kurzgefa%C3%9Fte_Einleitung_in_die_heiligen_Schriften_(11._Auflage).pdf/291&oldid=- (Version vom 22.6.2018)